Sanssouci: Vorschlag
■ Zwischen Kälte und Verletzlichkeit: Installationen von Rebecca Horn in der Nationalgalerie
Einhorn, 1970/72 (Körperskulptur, Performance, Film)
Rebecca Horn macht Lust auf zeitgenössische Kunst. Ihr gelingt es, mit einer ungewöhnlichen Mischung klobiger und filigraner Techniken, innere Befindlichkeiten sichtbar zu machen. Ihre Materialien sind Quecksilber, Blei und Farbe, ihre Intention ist die emotionale Gratwanderung. Die 1944 im hessischen Michelstadt geborene Künstlerin begann in den 70er Jahren mit ihren Experimenten. Freunden und sich selbst zog sie Hörner und Flügel aus Stoff über und erprobte mit ihnen Raum- und Körpererfahrung, wovon man sich in den selbstgedrehten Filmen im Videoraum der Nationalgalerie überzeugen kann. Die dabei verwendeten Objekte wie Pfauenfedern, megagroße Krallen und eben die Einhörner sind nebenan ausgestellt. Später gewinnen mechanische Instrumente an Wichtigkeit. Da gibt es beispielsweise ein Pendel, das haarscharf über einem Emu-Ei schwingt. Das Plakatmotiv der Ausstellung, ein schwarzer Konzertflügel, hängt – Beine nach oben – von der Decke und fährt ab und an seine Tasten aus, öffnet seinen Himmel, und gleichzeitig schlagen zwei Metronome im Takt. Aufgehängte Fernrohre symbolisieren zugleich Nähe und Distanz. Im Environment „Der Fluß des Mondes“ fungiert ein Metallkasten, auf dem Trichter installiert sind, als Quelle, von dem aus sich bleierne Rohre und fließendes Quecksilber ihren Weg bahnen – nicht nur in den Ausstellungsraum hinein, sondern weiter, bis auf den Vorplatz der Nationalgalerie: eine Verbindung zwischen innen und außen, zwischen Kälte und Verletzlichkeit. Katja Winckler
Bis 1.5., Di.–Fr. 9–17, Sa/So 10–17 Uhr, Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, Tiergarten (ausführliche Besprechung folgt).
El Rio de la Luna/Der Fluß des Mondes, 1992 (Environment, Bleirohre, Quecksilber, mechanisiert) Abbildungen: Galerie
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