UNO gegen Gewalt gegen Frauen

Vor kurzem hat die UNO eine ständige Berichterstatterin über Gewalt gegen Frauen eingesetzt / Die Weltorganisation ist immer noch weitgehend eine Männerdomäne  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Bei der UNO sieht es aus wie bei den meisten Regierungen ihrer Mitgliedstaaten: Frauen sind hier in der Minderheit, die UNO ist nach wie vor ein reichlicher Männerladen. In den beiden Hauptquartieren in New York und Genf sind – vor allem in den höheren Positionen – kaum Frauen anzutreffen. Ähnliches gilt auch für die zahlreichen Sonderorganisationen. Auch in bezug auf Aktivitäten zum Abbau der weltweiten Benachteiligung von Frauen und zur Bekämpfung frauenspezifischer Menschenrechtsverletzungen hat die UNO bisher wenig anzubieten.

In den letzten zwölf Monaten gab es allerdings einige kleine Fortschritte – zumeist auf Druck von Nichtregierungsorganisationen. Sie setzten beispielsweise am letzten Freitag bei der UNO-Menschenrechtskommission in Genf durch, daß eine ständige Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen berufen werden konnte. Ihre Aufgabe ist, „Gründen und Ursachen von Benachteiligung, Ausbeutung und sexueller Gewalt“ im privaten und öffentlichen Bereich nachzugehen. Sie kann der Kommission Vorschläge für Gegenmaßnahmen unterbreiten. Dabei geht es auch um Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten wie „Mord, systematische Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei und erzwungene Schwangerschaft“.

Mit dem Mandat für die Sonderberichterstatterin hat sich die UNO erstmals ausdrücklich die Aufdeckung und Bekämpfung frauenspezifischer Benachteiligung, Gewalt und Unterdrückung zum offiziellen Ziel gesetzt. Es lassen sich zwar alle frauenspezifischen Menschenrechtsverletzungen als Verstoß gegen zum Teil seit Jahrzehnten bestehende Völkerrechtskonventionen interpretieren. Und soweit diese Konventionen auch Sanktionsbestimmungen enthalten, könnten sie auch geahndet werden. Allerdings waren derartige Verstöße – zumal wenn sie in Kriegen erfolgten – in der UNO bisher weitgehend ein Tabuthema. Berichte über die Massenvergewaltigungen in Ex-Jugoslawien haben ein langsames Umdenken bewirkt. Auf Grund des massiven Drucks von Frauen- und Menschenrechtsorganisationen aus Westeuropa und den USA dürften diese Vergewaltigungen demnächst jedoch tatsächlich vor dem Den Haager Tribunal verhandelt werden. Sie werden dann wahrscheinlich nicht nur unter dem Gesichtspunkt individueller Delikte, sondern als systematisches, massenweise begangenes Verbrechen mit dem Ziel der „ethnischen Säuberung“ und damit als Kriegsverbrechen betrachtet werden.

Die kürzlich für derartige Prozesse festgelegten Verfahrensregeln sehen einen weitgehenden Schutz von Opfern und Zeugen vor Angeklagten und Verteidigern vor. Auch die Thematisierung des „sexuellen Vorlebens“ der Opfer bleibt ausdrücklich untersagt. Die zwei Richterinnen und neun Richter des Den Haager Tribunals halten sich mit diesen Regeln weitgehend an die Empfehlungen einer Gruppe engagierter US-Juristinnen.

Ermutigend für viele Frauen und auch Männer, wie sich die anfangs von vielen belächelte Japanerin Sadako Ogata, die erste Frau in der höchsten UNO-Etage, in den letzten 15 Monaten überall Respekt verschafft: Sie ist als genauso kompetente wie engagierte UNO-Hochkommissarin für Flüchtlinge anerkannt.