Nobelzüge für Männermobilität

■ Mehr Schnellzüge / Frauenwege im Alltag sind kurz und beschwerlich

Berlin (taz/dpa) – Luxuriöse Hotelwagen und eine Verdoppelung der heute 60 ICE-Züge in den nächsten zwei Jahren verspricht die Bahn ihren KundInnen. Bereits ab heute, und nicht wie bisher angekündigt erst ab Mai, braust ein Intercity-Express von Berlin nach Köln und zurück. Mit dem Fahrplanwechsel am 29. Mai soll ein neues Kapitel im Nachtreiseverkehr beginnen. Die komfortablen Nachtzüge mit dem Namen „InterCityNight“ verfügen über eine eigene Dusche und Toilette in jedem Abteil und fahren dank Neigetechnik besonders ruhig. Die neuen Zugpferde der Bahn werden zuerst auf den Strecken München–Berlin und Bonn–Berlin verkehren. Einführungspreis mit BahnCard: je 262 Mark hin und zurück im Einzelabteil in der Komfortkategorie. Die Fahrgäste können auf beiden Strecken auch ihre Autos verladen.

Die Konzentration der Bahn auf die Fernstrecken wird von vielen Verkehrswissenschaftlerinnen scharf kritisiert. Schließlich reisen 80 Prozent der BahnkundInnnen im Nahverkehrsbereich – und hier sind es überwiegend Frauen, die sich mit dem immer weiter ausgedünnten ÖPNV-Netz herumschlagen müssen, während Männer zwischen 20 und 60 Jahren überwiegend das Verkehrsmittel Auto auch im Nahstreckenbereich benutzen. Auch bei dem neuen Nachtreisezug mit Autoverlademöglichkeit ist absehbar, daß vorwiegend geschäftsreisende Männer von der Investition profitieren.

Ein schiefer Blick bestimmt die Verkehrsplanung. Sie ist ausgerichtet „auf den berufstätigen Mann, der im Auto oder im ICE unterwegs ist“, heißt es in einer Erklärung zum Kongreß „Verkehrsalltag von Frauen“, der am vergangenen Wochenende in Bad Boll stattfand. Weniger als zwei Prozent der PlanerInnen in leitenden Funktionen sind Frauen, kritisieren die Veranstalterinnen. Weil hier vorwiegend autofahrende Männer zwischen 20 und 60 die entscheidenden Positionen in Politik, Verwaltung, Planung sowie in den Medien und Wirtschaftsverbänden einnehmen, sei die Verkehrspolitik auch überwiegend an ihren Interessen orientiert.

Die Alltagswege vieler Frauen aber sind nicht von weit auseinanderliegenden Sitzungen bestimmt, sondern folgen ganz anderen Mechanismen. „Die Mobilität von Frauen ist geprägt von Wegeketten, wie sie der Mann so in der Regel nicht kennt: mit Kind zum Kindergarten, dann zur Arbeit, zwischendurch zur Bank, anschließend Kind abholen, schließlich einkaufen und vielleicht noch zum Schuster“, so die Analyse der Kongreßfrauen. Sie fordern Investitionen in eine Siedlungsstruktur, die lange Wege unnötig macht. aje