„Nur Spielzeug“

■ Demonstration gegen Rüstung am Atlas-Werkstor

„Wenn wir das nicht produzieren, tun es andere“, sagte eine Angestellte, nahm das Flugblatt entgegen und ließ die Demonstrierenden im Regen stehen. „Ich habe da zum Glück nichts mehr mit zu tun, ich gehe im nächsten Monat in den Vorruhestand“, meinte ein anderer. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause wurden am Montag die Angestellten der Firma Atlas-Elektronik vor dem Werkstor mit Transparenten und unangenehmen Fragen konfrontiert. Doch die meisten der Beschäftigten gingen achtlos an den DemonstrantInnen vorbei.

Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG/VK) und der JungdemokratInnen/Junge Linke wollten mit den Atlas-Beschäftigten darüber reden, was und wofür sie produzieren. Aktueller Anlaß waren Meldungen über einen Auftrag der Bundesmarine für vier U-Boote, um den Atlas Elektronik sich bewirbt. Insgesamt geht es um 2,8 Milliarden Mark. Die Rüstungsschmiede will sich so über die Rezession retten: bisher arbeiten von den insgesamt 3.300 Beschäftigten 350 kurz, weil die Aufträge fehlen. Wird der Auftrag von Bonn abgelehnt, müssen die Atlas-Angestellten noch kürzer arbeiten oder gar den Hut nehmen.

Für die DemonstrantInnen blieb es beim eiligen Gespräch vor dem Werkstor: Geschäftsführer Karl-Friedrich Triebold hatte keine Zeit , der Offene Brief wurde vom Werksschutz entgegengenommen. In ihm fordern die etwa 20 FriedensaktivistInnen von Atlas Elektronik schneeleres Umsteigen auf zivile Produktion: „Es ist sinnvoller, für das Leben und nicht für den Tod zu produzieren. Hätten sie die Produktion vor Jahren umgestellt, gäbe es jetzt weder Entlassungen noch Kurzarbeit.“

Stimmt nicht, sagt Atlas Elektronik, der Markt für zivile Produkte ist längst gesättigt. Seit Mitte der achtziger Jahre ging der Anteil von Rüstungsgerät an der allgemeinen Produktion bei Atlas-Elektronik von 80 auf etwa 50 Prozent zurück. Die größte Sparte ist die Marinetechnik, wo neben ziviler Technik auch Elektronik zur Schiffs- und Waffensteuerung von U-Booten produziert werden kann.

Der Betriebsrat bedauerte, daß die Arbeitnehmer keinen Einfluß auf die Produktion habe. Andere berührt die Debatte überhaupt nicht: „Ich mache nur Unterhaltungselektronik - Spielzeug für Erwachsene.“ Helen Schwenken