Familie droht Abschiebung

■ Trotz großer Sympathie vom Arbeitgeber bis zur Schule: Rumänische Familie hat laut Ausländerrecht in Deutschland nichts verloren

Wenn ein Mann aus Rumänien in Bremen einen ordentlichen Job hat, mit Familie seit einigen Jahren hier lebt, wenn die beiden Töchter fließend deutsch gelernt haben und die 11. und 12. Klasse mit guten Erfolg besuchen - gibt es für sie eine Chance, eine normale Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen? Gibt es nicht, sagt Bremens Innen-Staatsrat Kniesel. Im April droht dem 55jährigen Mann samt Familie die Abschiebung.

Und das, obwohl sich alle für die rumänische Familie Telcian einsetzt. Der Gramker Arbeitgeber Norbert Kröning, bei dem Vater Telcian als Elektriker beschäftigt ist, würde ihn gerne behalten. Die Schule hat sich für dieTöchter eingesetzt und über den Bildungssenator offiziell bei der Ausländerbehörde anfragen lassen, ob da nicht irgend etwas zu machen wäre. Der Vertrauenslehrer Holger Hübner hat Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um eventuell wenigstens den Töchtern zu ermöglichen, an ihrer Schule Alwin-Lonke-Straße das Abitur zu machen. Beides sind begabte Mädchen und wenn sie jetzt aus der Schule herausgerissen werden, ist völlig offen, ob sie in Rumänien wieder den Anschluß finden und dort Bildungschancen haben, die auch nur annähernd ihren Begabungen gerecht wird.

Aber das deutsche Ausländer-Recht und die sie exekutierende Innenbehörde sind eisern: Die einzige Chance für einen Rumänen, in Deutschland zu leben, ist das Asylrecht. So hatte Vater Telcian, als er nach Deutschland kam, auch Asylantrag gestellt. In Rumänien habe er Flugblätter gegen das Ceaucescu-Regime verteilt und dadurch Probleme mit dem Geheimdienst bekommen, berichtete er. Seine Frau verlor anderthalb Jahre später ihren Job und kam mit den Kindern nach. Der Asylantrag des Vaters wurde abgelehnt, ihm allerdings erlaubt, solange in Deutschland zu bleiben, wie die Verfahren gegen die Familie liefen. Wenn im April das Verwaltungsgericht die Anlehnung der Asylanträge bestätigt, dann bekommen die Familie die „Ausreiseaufforderung“ mit Abschiebeandrohung. Eine Ausnahme kann es nicht geben, schrieb Bremens Innen-Staatsrat Kniesel der Schule, weil das ein „Präzedenzfall“ wäre.

Im vergangenen Herbst versuchte die Familie Telcian über den Petitionsausschuß der Bürgerschaft ihr Glück und bekam dieselbe Auskunft: Es gibt kein „Einwanderungsgesetz“ für Deutschland. Anders wäre es, wenn die beiden Töchter ein Abitur hätten, das von der deutschen Bildungsbürokratie anerkannt wäre. Dann hätten sie eine Chance, in Deutschland studieren zu dürfen.

Daß der Vater, wenn er mit 55 Jahren nach Rumänien zurücckehrt, keine Chance auf einen Job hat, während er mit 57 vielleicht vorgezogene Rentenansprüche geltend machen könnte, ist natürlich kein Argument im Ausländerrecht. Selbst das Angebot von Lehrern, für den Lebensunterhalt derMädchen in den kommenden 2Jahren aufzukommen, falls der Vater zurück nach Rumänien muß, ändert an der deutschen Rechtslage nichts.

„Deutschland den Deutschen“ scheint kein rechtsradikaler Spruch, sondern praktiziertes Ausländerrecht in der BRD zu sein.

N.J./ K.W.