■ Das Urteil im „PKK-Prozess“
: Ein politischer Flop

Das als „größter Terroristenprozeß in der Geschichte der Bundesrepublik“ vom damaligen Generalbundesanwalt Rebman annoncierte Verfahren gegen 19 Kurden ist am Montag nach viereinhalb Jahren Prozeßdauer zuende gegangen - allerdings ganz anders, als Rebman sich das ursprünglich vorgestellt hatte. Von den 19 vermeintlichen Mitgliedern einer terrorstischen Vereinigung blieben zum Schluß noch vier übrig, bei den anderen 15 wurden die Verfahren in der Mehrzahl eingestellt. Aber nicht nur aufgrund dieses Zahlenverhältnisses war der Prozeß ein Flop - er schadete vor allem der politischen Auseinandersetzung mit der Guerilliaorganisation PKK.

Die Bundesanwaltschaft tat ihr Bestes, die Anklage suspekt zu machen. Um den Paragraphen 129a StGB anwenden zu können, konstruierten sie eine „terroristische Vereinigung“ innerhalb der damals legalen kurdischen Vereine im Umfeld der PKK. Das Düsseldorfer Gericht erhielt einen Hochsicherheitstrakt, die Anklagten wurden in Glaskäfige verbannt, der Kontakt mit den Verteidigern behindert. Als Krönung des Ganzen stützte sich die Anklage dann auf einen Kronzeugen, der gegen Rabatt seine früheren Genossen verpfiff. Mit einem solchen Verfahren schafft man nur eins: Märtyrer für die PKK.

Dabei ging es um eine im Wortsinne todernste Sache. Mehrere, ehemals hohe PKK-Funktionäre wurden ermordet, nachdem sie aus der PKK ausgestiegen waren und ihren Dissens mit der Parteiführung auch öffentlich vetreten hatten. Die PKK erklärte damals sinngemäß, sie seien für die Mordtat nicht verantwortlich, aber es gäbe auch keinen Grund zur Trauer, wenn Verräter von aufrechten Söhnen des Volkes zur Rechenschaft gezogen würden. Diese lapidare Reaktion führte zu einer heftigen Debatte über die innerparteiliche Demokratie in der Befreiungsbewegung PKK, die Verratsparanoia, den Umgang mit Aussteigern und über die politische Utopie der Partei. Die PKK-Führung geriet unter Legitimationsdruck.

Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und die Anklageerhebung haben diese Diskussion in Deutschland gestoppt. Statt in Mordfällen regulär zu ermitteln, plante und inszenierte die Bundesanwaltschaft einen Schauprozeß, der der PKK den angestammten Platz als Opfer zurückgab und sie jeder weiteren politischen Auseinandersetzung enthob. Gleichzeitig verschärften die türkischen Militärs den Krieg in Kurdistan, und legitimierten das Vorgehen der PKK in den Augen der kurdischen Bevölkerung jeden Tag aufs neue. Kein Wunder, daß da der Eindruck entstehen muß, der Bundesanwaltschaft sei es gar nicht um die Aufklärung von Mordfällen, sondern um demonstrative Unterstützung der türkischen Politik gegangen. Jürgen Gottschlich