■ Mit Seelenverkäufern auf du und du
: Europas Auftraggeber

Bremen (taz) – Nicht Panama und Liberia sind nach Ansicht von Umweltschützern für die schrottreifen Billigtanker verantwortlich, die als Seelenverkäufer Meere und Küsten unsicher machen, sondern die großen Industrieländer. Schließlich flaggen sie für den billigen Transport ihrer Güter (die Hälfte des EU-Außenhandels wird über See abgewickelt) die Schiffe aus und schicken die veralteten Kähne mit völlig überforderten Mannschaften auf See. Und nicht nur das: Eine Studie der Umweltorganisation „Friends of the Earth International“ (FoEI) macht gerade auch unter europäischen Flaggen verbliebene Schiffe für Ökokatastrophen auf See verantwortlich.

Gerard Peet von FoEI präsentierte auf einer Schiffahrts- Tagung der sozialdemokratischen EU-Parlamentsfraktion am Freitag in Emden ein differenzierteres Bild. „Bei den letzten Riesenkatastrophen waren eben keine Billigflaggen im Spiel: Die „Exxon Valdez, die Alaska eine Riesen-Ölpest bescherte, fuhr unter US-amerikanischer Flagge, der „Herald of Free Enterprise“, der in Zeebrügge kenterte, war ein britisches Schiff.“ Nicht zu vergessen die Beutelpest, die vom französischen (sic!) Frachter „Sherbro“ im Januar die holländischen und deutschen Strände um Emden heimgesucht hatte.

Peet polemisierte vor allem gegen die Scheinheiligkeit der Europäer. „Die Schuldzuweisungen an Billigflaggen grenzen an Rassismus. Man muß auf die Qualität von Schiffen und Mannschaften schauen und nicht auf die Flagge am Heck. Manche Billigflaggen haben mehr Besatzung als europäische Schiffe, weil sie unterwegs Reparaturen durchführen.“

Die EU-Kommission hingegen schiebe die Verantwortung nach wie vor vor allem auf die Staaten mit Billigflagge. In einem Kommissionsdokument über die „gemeinsame Politik im Bereich der Sicherheit im Seeverkehr“ stellt sie nur fest, die Schiffsflotten würden weltweit immer älter und die Verlustquote sei gerade bei den berühmten Billigflaggen am höchsten: Südkorea, Zypern und Panama werden genannt.

Nicht nur bei der Schiffssicherheit schluderten die Europäer. Selbst gegen die Ölverseuchungen des Meeres durch eigene Schiffe gingen die EU-Mitgliedsstaaten nur äußerst lax vor. Die schwarzen Schafe im Europa kamen nach Recherchen von FoEI in 80 Prozent der Fälle ungeschoren davon. Und wer erwischt wurde, zahlte in Deutschland im Durchschnitt 1.000 Dollar Strafe. „Darüber lacht der Kapitän“, so Peet. Und Deutschland gehöre noch zu den besten zehn Ländern. Bernhard Pötter