Letzte Runde im Pflegestreit eingeläutet

■ Morgen sollen die ultimativen Beratungen über die Kostenkompensation bei der Pflegeversicherung den Durchbruch bringen / Jetzt auch die CSU im internen Streit

Bonn (taz) - Jeder pokert so gut er kann. Nach diesem Motto versuchten die Beteiligten gestern, die verhakten Fronten beim Dauerthema Pflegeversicherung aufzulockern. Herausgekommen ist zunächst ein neuer Termin für den Vermittlungsausschuß zwischen Bund und Ländern, der am morgigen Donnerstag den ultimativen Kompromißversuch unternehmen soll.

Nachdem ein Spitzengespräch zwischen Koalition und SPD am Montag ergebnislos verlaufen war, war die nächste Sitzung des Vermittlungsausschusses nach einer Koalitionsrunde beim Kanzler zunächst für heute angekündigt worden. Die Entscheidung müsse jetzt gefällt werden, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Jürgen Rüttgers. Sonst sei das Inkrafttreten der ersten Stufe der Pflegeversicherung zum 1. Juli 1994 in Gefahr. Auch nach erneuten Telefongesprächen von Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble mit SPD-Chef Rudolf Scharping, in die CSU-Landesgruppenchef Michael Glos und Arbeitsminister Norbert Blüm einbezogen waren, sowie einem Telefonat Kohl/Scharping ließ sich die Lücke bei der Kostenkompensation für die Arbeitgeberbeiträge offenbar nicht schließen.

Während für die erste Stufe der Pflegeversicherung, wie von der SPD vorgeschlagen, im Regelfall die Streichung eines Feiertags diesen Ausgleich schaffen soll, hat sich die Diskussion über den Ausnahmefall festgefahren. Das CSU- regierte Bayern beharrte auch gestern darauf, daß die Streichung eines Feiertags nicht in Frage käme. Die vom bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber in die Diskussion gebrachte Streichung eines nichtkirchlichen Feiertags (1. Mai oder 3. Oktober) war gestern schon wieder beendet. Einwände kamen auch von CSU-Chef Theo Waigel. Die CSU übertraf sich auch sonst in widersprechenden Äußerungen. Generalsekretär Huber, der der SPD ein forsches Ultimatum von 14 Tagen stellte und ankündigte, die häusliche Pflege werde ansonsten im Rahmen der Krankenversicherung gelöst, fand damit bei Landesgruppenchef Glos und Gesundheitsminister Seehofer (CSU) keine Gegenliebe.

Die von der Bonner Koalition favorisierte Ausnahmeregelung für Länder, die keinen Feiertag streichen wollen, ist jedoch bei Sozialdemokraten und Gewerkschaften umstritten. In diesen Ländern, mindestens also in Bayern, sollen die Arbeitnehmer den Pflegeversicherungbeitrag ganz selbst zahlen. Scharping hätte bei einem Einlenken auf dieses Modell nicht nur seinen Chef-Unterhändler Rudolf Dreßler gegen sich.

Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel hat in einem offenen Brief an den SPD-Vorsitzenden appeliert, auf keinen Fall einer 100prozentigen Finanzierung durch die Arbeitnehmer zuzustimmen. Dieser Vorschlag sei für die IG Metall „völlig unzumutbar“. Tissy Bruns