Die unendliche Kunstgeschichte

■ Kunst und Können für alle: ein Weiterbildungsangebot der Hochschule

Haben Sie schon mal drauf geachtet, wie schlampig der Dali seine Grundierung hinmalt? Wie ordentlich Herr Dürer hingegen seine Linien in den Holzstock treibt? Sehen Sie – für die grundlegenden Dinge der Kunst hat kaum noch jemand Augen. Das soll sich ändern: Theorie und Praxis der Kunst gleichermaßen kennenzulernen, ist Aufgabe eines Studienangebots „Bildende Kunst und Kunsttheorie“, das seit zwei Semestern dort angeboten wird, wo man's nun nicht gerade vermutet: an der (Technischen) Hochschule Bremen. Über 400 Menschen haben sich auf das Experiment bisher eingelassen; Zeit, das Angebot einem breiteren Interessentenkreis bekanntzumachen, finden die Initiatoren.

„Man betrachtet eine Radierung von Goya eben anders, wenn man mal selbst versucht hat, eine gute Flächenätzung hinzukriegen.“ So praktisch sieht's der Professor Jost Funke. Deshalb ließ er sich vor einem Jahr, gemeinsam mit dem Kollegen Wolf Wrisch, vom übrigen Lehrbetrieb freistellen, um ein entsprechendes Lehrangebot zu entwickeln. Und zwar nicht nur für die Studenten. Angesprochen dürfen sich grundsätzlich „alle künstlerisch Interessierten“ fühlen. Und das sind doch eine ganze Menge. Allein bei Funkes Vorlesung zur Kunstgeschichte einst und jetzt („die große, unendliche Vorlesung“) finden sich allwöchentlich gut 120 Leute ein: „Ärzte, Anwälte, Hausfrauen, Lehrerinnen, Arbeitslose...“.

Nicht nur, um sich semesterweise von der Höhlenmalerei zum Dekonstruktivismus vorzupirschen. Sondern auch, um sich die Hände mal selbst mit der zähen Tiefdruckfarbe einzusauen. Seminare über Druckgrafik, Öl- und Aquarellmalerei (Wrisch: „Es gibt keine Maltechnik, über die soviel Unfug verbreitet wird“) sowie ein ganz und gar „offenes Atelier“ für alle Künste gehören ebenso zum Angebot wie Exkursionen zu den Quellgebieten der alten und neuen Kunst. Bis hin zu Seminaren, in denen die eben erlernten „kunstgeschichtlichen Begriffe schon wieder kritisch hinterfragt werden.“ Damit man am Ende dann evtl. erkennt, was Picasso mit den griechischen Vasenmalern alles gemein hat.

Da freut's den Professor besonders, wenn viele Interessierte mehrere, manche sogar sämtliche Kurse belegen. Denn einen Studienabschluß gibt's natürlich nicht, höchstens ein Zertifikat. „Das ist natürlich kein direkt berufsqualifizierender Abschluß“, sagt Funke. Kosten lassen sich die Teilnehmer den Spaß auch noch eine Menge: acht Mark pro Stunde, etwa 250 Mark pro Kurs oder Seminar. Dafür, findet Funke, sind in den ersten beiden Semestern erstaunlich viele bei der Stange geblieben. Was dabei so herauskam (an Praktischem), ist derzeit in einer kleinen Ausstellung im Foyer des A/B-Trakts der Hochschule zu sehen. tom

Weitere Auskünfte erteilt die Koordinierungsstelle für Weiterbildung, Werderstr. 73, 28199 Bremen; Tel.: 0421/ 59 05 164/-162