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Dürre Zeiten

■ Laut den Sparbeschlüssen des Senats sollen alle kulturellen Einrichtungen erhalten bleiben - nur eben margerer

7,5 Millionen Mark muß Kultursenator Ulrich Roloff-Momin im Bereich Schauspiel und Musiktheater in diesem Jahr noch einsparen – und das ist erst der Anfang. Der bislang 320 Millionen Mark umfassende Etat soll bis 1997 um über 50 Millionen Mark reduziert werden: Nächstes Jahr werden weitere sieben, 1996 noch 18 und 1997 27 Millionen Mark weniger ausgegeben werden können.

Für die freien Gruppen, die seit dem Ausgabenstopp um ihre als „Zuwendungen“ geltenden Unterstützungen bangen, bedeutet das nach Angaben von Kultursenatssprecher Rainer Klemke eine Million weniger als vorgesehen – also eine Kürzung von über zehn Prozent! (Die Berliner Morgenpost meldete sogar ein Minus von 1,5 Millionen Mark in diesem Bereich.)

Welche Gruppen wie stark betroffen sind, soll nächste Woche bekanntgegeben werden. Im „Büro für Freies Theater“ der Spott Berlin e.V. herrscht Ratlosigkeit, wie Regina Tunke konstatiert. Auf den Ausgabestopp hätten die freien Theater – noch immer in der Hoffnung auf die zugesagten Gelder – verschieden reagiert. Einige haben Produktionen erst mal nach hinten verschoben, andere auf Risiko schon Verträge abgeschlossen. Auch Tourneen wurden in einzelnen Fällen vorbereitet, um die Kosten für ihre Inszenierungen so wieder einzuspielen.

Wie von Senatsseite verlautete, soll ja keine einzige Institution geschlossen werden, getreu nach dem Senatorenwort „Mit mir nicht“. „Umverlagerungen“ stünden statt dessen bevor, was auch immer das bedeuten mag – vermutlich eine breitestmögliche Ausdörrung. Für den etablierten Bereich von Schauspiel und Musiktheater sind die Einsparungsvorstellungen schon konkreter: Das Grips-Theater ist beispielsweise mit 76.000 Mark betroffen, die Akademie der Künste mit 300.000 Mark und der Träger des Hauses der Wannsee- Konferenz mit 90.000 Mark.

Weiter: Das Bauhaus-Archiv muß mit einer Kürzung von 23.000 Mark rechnen. Dies bedeutet laut Pressesprecherin Juliana Raupp, daß in Zukunft ungesponserte Sonderausstellungen nicht mehr möglich seien. Also: Auf lange Sicht gibt's nur noch die ständige Ausstellung im Bauhaus-Archiv zu besichtigen. Und wer die schon gesehen hat, braucht zu diesem Zweck die Klingelhöferstraße nie wieder betreten. Zumindest nicht während der Amtszeit des jetzigen Senats. Schon jetzt sei durch den Sparbeschluß ein Projekt fallengelassen worden. Die kommenden zwei seien wiederum von Unternehmen unterstützt. Die inhaltliche Unabhängigkeit gehe dadurch auf die Dauer jedoch flöten. Außerdem sei es auch gar nicht so einfach, Firmen an Land zu ziehen.

Der Leiter der Akademie der Künste, Dagobert Rohner, erklärte, daß durch die Kürzungen eine anspruchsvolle Ausstellung oder das alljährliche internationale Tanztheater-Projekt PNTT im Mai entfallen müßten. Und im Grips- Theater wußte man am Mittwoch noch gar nichts von den Sparbeschlüssen vom Dienstag. 76.000 von 3,7 Millionen Mark? Das könne doch nicht sein. Hausherr Volker Ludwig ist derzeit in Indien. Man hätte ihm bei seiner Heimkehr wirklich einen schöneren Empfang gewünscht. peko/win

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