■ Kein kulturelles Konzept: Rotstiftgestoppel
An der richtigen Stelle sparen, heißt es binsenweise so schön. Was ja impliziert, daß es auch falsche Stellen gibt. Womit die Notwendigkeit zu sparen nicht bestritten werden soll. In diesem Jahr sollen vor allem im Bereich Schauspiel und Musiktheater 7,5 Millionen Mark eingespart werden, eine Million davon allein im Bereich des Off-Theaters. Das heißt für alle, mühsam Mark für Mark umdrehen, hier ein Projekt streichen, dort etwas kleiner fahren, dieses Gastspiel nicht, ein anderes nur kürzer. Alles soll erhalten werden, aber eben dürftig. Damit wird dann doch ein sattes Prozent des gesamten Sparbedarfs in diesem Jahr erhamstert. Toll.
Dieses Prozentchen könnte reichen, daß vielen die Zunge aus dem Hals hängt, dann kann Berlin auf der nächsten ITB damit werben, wie reichhaltig die kulturelle Szene mal war. Und nostalgische Rundfahrten organisieren, zu Schauplätzen ehemals blühenden Kunstschaffens. Sogar Bündnis 90/Die Grünen freuen sich, daß Roloff-Momin 1994 „nur“ 7,5 statt der gefürchteten 20 Millionen Mark streichen muß. Aber warum muß er das denn überhaupt? Kaum etwas ist notwendiger als ein kulturpolitisches Konzept. Aber man verbraucht die Potenzen des Senators mit ineffektivem Rotstiftgestoppel. Auch hier sollte er sagen: „Mit mir nicht!“ Ist nicht die CDU mit bestem Beispiel vorangegangen, indem sie den Kulturetat künftig von anteiligen Kürzungen ausnehmen will?
Im Vergleich zu ihrer Wirkung kostet die Berliner Kultur so wenig. Und wenig braucht's auch nur, um ihre Substanz zu gefährden. Hier wäre es einmal progressiv, eine heilige Kuh zu proklamieren. Petra Kohse
Siehe auch den Bericht auf Seite 26
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