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Südafrikas Wahlgegnerfront bröckelt

Die Frist zur Kandidatenaufstellung ist abgelaufen / Der Homeland-Herrscher von Bophutatswana „verbietet“ die Wahlen und erntet Massenprotest / Weiße Rechte gespalten  ■ Aus Mmabatho Willi Germund

Lucas Mangope, der von Südafrika eingesetzte Diktator des sogenannten „Homelands“ Bophuthatswana, hält als letzter der Führer dieser künstlichen Staaten an dem Glauben fest, der Demokratisierung widerstehen zu können. Er erteilte gestern Südafrikas Unabhängiger Wahlkommission einen Korb: Wenn es nach ihm geht, wird es in Bophuthatswana keine Wählerregistrierung geben, keine Wählererziehung und Ende April auch keine Wahlen. Etwa zwei Millionen Wahlberechtigte, knapp zehn Prozent aller südafrikanischen Wähler, leben in dem Homeland aus dreizehn nicht miteinander verbundenen Landstücken.

An der Universität von Bophuthatswana spitzte sich nach der Erklärung Mangopes die Situation zu. Protestlieder und Tänze hinter den Universitätszäunen schlugen plötzlich in offene Straßenschlachten mit der Polizei um. Molotowcocktails flogen gegen Panzerwagen der Sicherheitskräfte, Straßensperren wurden errichtet. In Mafikeng, einer Stadt in der Nähe der Hauptstadt Mmabatho, halten Jugendliche ganze Wohnviertel mit Barrikaden abgesperrt. Autos wurden mit Steinen beworfen, und die Sicherheitskräfte schossen mit Tränengaspatronen auch gezielt auf Journalisten.

Der komplette öffentliche Dienst in Mmabatho liegt schon flach. Die Beamten gingen bereits vor einigen Tagen in den Streik. Ihre Forderung: Die Gelder des staatlichen Pensionsfonds sollen ausgezahlt werden. Pule Sekawana vom Streikkomitee der Beamten sagt: „Wir glauben, daß Mangope das Geld benutzt, um laufende Gehälter zu zahlen. Wir fürchten, daß bald nichts mehr für unsere Pensionen übrig sein wird.“ Im Finanzamt arbeiten mittlerweile eigens angeheuerte Buchhalter, um die Gehaltsschecks für die 4.000 Mann starken Sicherheitskräfte auszuzahlen. Die sind am 15. März fällig, und Mangope braucht Polizei und Armee, um sich im Amt zu halten.

„Mangope und seine Verwandten müssen gehen“, erklärt Patrick Funane vom Streikkomitee. Der Mini-Diktator, der in seinem Reich nicht einmal dem ANC legale Tätigkeit erlaubt, steht längst so gut wie alleine da. Mega City, ein mit südafrikanischem Geld gebautes Einkaufszentrum im Regierungsviertel, in dem vor allem Mangope und Gefolgschaft Geschäfte besitzen, wird inzwischen von der Bevölkerung boykottiert. Der 70jährige Lucas Mangope hat seine Kinder an Schlüsselstellungen im Staatsapparat von Bophuthatswana plaziert; sein Sohn Ennie und eine Tochter leiten das Fernsehen und den Rundfunk.

Die Auflösung der Homelands war letztes Jahr bei Südafrikas Demokratieverhandlungen vereinbart worden; Mangope will das verhindern. „Wir werden nicht so leicht aufgeben, wofür wir ein Leben lang gekämpft haben“, sagte er kürzlich. Die Streikenden fordern die umgehende Eingliederung des Homelands nach Südafrika. Popo Molefe vom ANC erklärte gestern: „Wir werden uns jetzt direkt in die Streikplanung einschalten.“ Nelson Mandela, der versucht hat, den Homeland-Diktator zum Einlenken zu überreden, gab inzwischen resigniert auf: „Man glaubt, mit einem Stein zu reden.“ Südafrikas Regierung hält sich bisher mit Äußerungen zurück.

Mangope, Mitglied der „Freiheitsallianz“ aus weißen Rechten und Inkatha in Südafrika, setzt auf die Front der südafrikanischen Wahlgegner um Ferdi Hartzenberg von der Konservativen Partei. Dabei hatte ein Mangope-Sprecher noch vor wenigen Wochen erklärt: „Wenn die Wahlen für das Nationalparlament und die Regionalversammlungen mit getrennten Stimmzetteln abgehalten werden, gibt es für uns keinen Grund, weiter zu boykottieren.“ Inzwischen wurde diese Regelung eingeführt, aber Mangope boykottiert weiter.

Aber die Front der Wahlverweigerer wird in Südafrika zunehmend dünner. General Constand Viljoen, einst Chef der südafrikanischen Streitkräfte und bisher Führer der rechtsradikalen „Afrikaaner Volksfront“ (AVF) – eine Dachorganisation weißer Rechtsparteien in der „Freiheitsallianz“ – bestätigte gestern, daß er sich mit einigen Getreuen im Rahmen einer letzten Freitag registrierten sogenannten „Freiheitsfront“ an Südafrikas ersten demokratischen Wahlen beteiligen wird. Sein Schritt dürfte auch den größten Teil der südafrikanischen Sicherheitskräfte auf den Wahlprozeß einschwören. Ob die Zulu-Bewegung Inkatha, die sich am vergangenen Freitag ebenfalls für die Wahlen hatte registrieren lassen, nun boykottiert oder teilnimmt, ist augenblicklich wieder einmal unklar. In der Nacht zum heutigen Donnerstag lief die Frist aus, bis zu der registrierte Parteien ihre Kandidatenlisten für die Wahlen einreichen mußten.

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