An Zacherts Stuhl wird kräftig gesägt

■ Reorganisationspläne stoßen im BKA auf heftigen Protest

Berlin (taz) – Der Präsident des Bundeskriminalamtes zeigte seherische Qualitäten: „Wir werden einen sehr langen Atem haben müssen ... Wir befinden uns in einer Umbruchphase.“ Was Hans- Ludwig Zachert, Herr über mehr als 3.700 Kriminaler in Wiesbaden, im Juli 91 über die erfolglose Fahndung nach der RAF erklärte, gilt heute vor allem für ihn selbst. Den langen Atem wird der Kripomann brauchen, will er weiter an der Spitze der Behörde stehen. Innenminister Kanther (CDU) will den gelernten Polizisten wegen der Pannen in Bad Kleinen entmachten – der Bonner Rechtsexperte der SPD, Wilfried Penner, ging gestern noch einen Schritt weiter: weil er Zachert nicht zutraue, das BKA aus der „Krise“ herauszuführen, forderte er dessen Rücktritt.

Etwas verhaltener hatte sich zuvor der Innenpolitiker der FDP, Burkhard Hirsch, gemeldet: Der Innenminister trage die volle Verantwortung für die Einsatzfähigkeit des BKA. Deshalb müsse Kanther „im Ernstfall nicht nur organisatorische, sondern auch personelle Konsequenzen ziehen können“. Dies ist allerdings wegen des beamtenrechtlichen Status von Zachert nicht möglich. Wollte Kanther den BKA-Präsidenten loswerden, er müßte den Laufbahnbeamten auf eine gleich- oder höherwertige Beamtenstelle wegloben. Die gibt es aber nicht. Hirsch fordert daher, aus dem BKA-Präsidenten einen sogenannten politischen – und damit absetzbaren – Beamten zu machen. Von einem politische Beamten will Kanther nichts wissen. Seine Pläne tragen den Titel „kollegial geprägte Führung“. Der Posten des Vizepräsidenten im BKA soll gestärkt werden – der zweite Mann soll den ersten künftig nicht nur in dessen Abwesenheit, sondern auch in dessen „Anwesenheit“ vertreten. Darüber hinaus soll die „Terrorismusbekämpfung“ zur BKA-Außenstelle nach Meckenheim verlegt werden. Die bisher zwölf Abteilungen der Bundespolizei sollen gestrafft, neu strukturiert und in neun Ressorts zusammengefaßt werden. Drei davon werden einem neuen Hauptabteilungsleiter unterstellt.

Daß mit solchen Plänen Ruhe im krisengeschüttelten BKA einkehren könnte, darf schon heute bezweifelt werden. Die Berufs- und Gewerkschaftsvertretungen im BKA – vom „Verband der Beschäftigten der obersten und oberen Bundesbehörden“ bis zur „Gewerkschaft der Polizei“ – protestieren bereits beim Innenminister. Dessen Vorhaben, eine „weitere Leitungsebene“ einzurichten, finde ihre Zustimmung oder Unterstützung „absolut nicht“. Kanthers Pläne würde nicht nur der herrschenden Organisationslehre widersprechen, mit ihnen würde künftig auch „die Sachbearbeitung auf allen Ebenen erschwert und verlängert“. Auch würde die „Verantwortlichkeit der Abteilungsleiter mit der Folge der Demotivation stark beschnitten“. Wolfgang Gast