: Gemeinsamer Appell für Teilzeit
Bundesfrauenministerin Angela Merkel und der Chef der Bundesanstalt für Arbeit wollen mehr Teilzeitarbeitsplätze / Arbeitslosenquote der Frauen im Osten bei 23,2 Prozent ■ Aus Nürnberg B. Siegler
Wäre Frauenministerin Angela Merkel einen Tag früher gekommen, hätte sie vor laufenden Fernsehkameras auf die Lage der Frauen auf dem Arbeitsmarkt aufmerksam machen und für mehr Teilzeitarbeitsplätze werben können. Doch Merkel legt auf den Internationalen Frauentag nicht soviel Wert, und die Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit (BA) hatte den 8. März bereits für die Bekanntgabe der Arbeitslosenzahlen vom Februar reserviert. Deshalb gibt es vom gestrigen gemeinsamen Appell von Merkel und BA-Chef Bernhard Jagoda, zukünftig mehr Teilzeitarbeitsplätze anzubieten, keine Fernsehbilder.
Die Zahlen sind nüchtern, aber aussagekräftig. Unter den 1,3 Millionen Arbeitslosen in den neuen Bundesländern waren Ende Februar 810.000 Frauen, das entspricht einem Anteil von 62,3 Prozent. Die Arbeitslosenquote bei Frauen in den neuen Bundesländern beträgt 23,2 Prozent, bei Männern „nur“ 13 Prozent. In den alten Bundesländern sieht es für die Frauen etwas besser aus. Ihre Quote von 9,6 Prozent liegt knapp unter der der Männer (10,1 ).
Die Frauen sind also eindeutig die Verlierer der Umstrukturierungsprozesse im Osten. Zudem zeichnet sich in Ost und West ab, daß sich Frauen, entmutigt aufgrund geringer Wiederbeschäftigungschancen, zumindest vorübergehend in die sogenannte „stille Reserve“ zurückziehen. Im Durchschnitt sind Frauen in Ost wie West länger arbeitslos als Männer. Auch bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind sie im Vergleich zu ihrem Anteil an den Arbeitslosen nach wie vor unterrepräsentiert. Nur 47 Prozent der ABM-TeilnehmerInnen im Osten sind Frauen. „Frauen müssen langfristig Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt haben“, hat sich Merkel als Ziel gesetzt und gibt sich mit gestiegenen Prozentsätzen der Teilnehmerinnen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nicht zufrieden. Sie appellierte zugleich mit Jagoda, vermehrt „qualifizierte und sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit“ anzubieten, um Frauen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt zu erleichtern und Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Mit Anzeigenkampagnen und Beratungsgesprächen will das Bundesministerium eine Kampagne zur „Imageaufbesserung der Teilzeitarbeit“ initiieren.
Um das Risiko für diejenigen zu vermindern, die von Voll- auf Teilzeit umsteigen wollen, soll zukünftig gesetzlich verankert werden, daß deren höchster Arbeitslosengeldanspruch aus der Vollzeittätigkeit über eine Dauer von drei Jahren fortbesteht. Für Bundesbehörden gilt dieser Passus bereits. Auch die BA mit all ihren Arbeitsämtern will mit gutem Beispiel vorangehen. Künftig werden alle dort freiwerdenden Stellen auch für Teilzeit ausgeschrieben, kündigte Jagoda an.
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