Schlagkräftige Hamburgerinnen

■ „Der Weg der Frauen“ führt seit 15 Jahren durch Hamburg

“Sssssttthhhhhh, zack!“ Ein rasanter Handkantenschlag teilt das zwischen zwei Kisten klemmende Holzbrett so leicht, als handele es sich um das Ziehen eines Scheitels. Die Hand gehört einer Frau, die überrascht ist, „daß ich soviel Mut und Kraft habe“. Ereignet hat sich das Intermezzo in einem Wen-Do Workshop.

Wen-Do ist eine Form der Selbstverteidigung von Frauen für Frauen. Anfang der 70er Jahre in Kanada entwickelt, ist der „Weg der Frauen“ (Wen-Do) seit 1979 auch in Hamburg zu beschreiten. Und: Gangart und Richtung dieses Weges unterscheiden sich wesentlich von anderen Selbstverteidigungsarten. Wen-Do Trainerinnen räumen mit den Mythen vom abartigen Parktäter und der Unvorhersehbarkeit von Gewalt gegen Frauen auf: „Gewaltsituationen passieren nicht plötzlich, in der Regel entwickeln sie sich. Frauen haben die Fähigkeiten, diese Situationen früh zu erkennen, Grenzen deutlich zu machen und sich zu schützen. Wen-Do ist dazu da, an diese Fähigkeiten zu erinnern und mit den Frauen passende Handlungsstrategien zu entwickeln“, berichtet Mechthild Keller von der Wen-Do Gruppe Hamburg. Bestätigt wird dies durch die jüngst veröffentlichte Studie der hannoveraner Kriminalhauptkomissarin Susanne Paul. Die Untersuchung von 289 Überfällen belegt, daß schon die Kampfbereitschaft einer Frau in 95 Prozent der Fälle eine Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung verhindern kann.

Das Wen-Do Training ist eine Melange aus Wahrnehmungs-, Abwehr-, Befreiungs- und Angriffsübungen, dem Erproben von Situationen und angemessener stimmlicher Lautstärke sowie dem Austausch von Erfahrungen und Erfolgsstrategien. Die Kurse folgen keinem starren Schema. „Wir trainieren Mädchengruppen ebenso, wie Graue Panther. Unser Konzept ist alltagsbezogen und antwortet auf die verschiedenen Erfahrungen der Frauen“, führt die Sportwisssenschaftlerin Mechthild Keller aus. Weitere Essenz: Die Erfahrung, daß Frauen sich gegenseitig unterstützen und stärken können - unabhängig vom Grad körperlicher Fitness. Sogenannte „Parkparcours“, in denen Männer mit Frauen den Ernstfall simulieren, gibt es beim Wen-Do nicht: „Wir wissen, daß die meisten Vergewaltigungen im sozialen Nahbereich passieren. Wichtig ist, daß Frauen lernen, den Griff an die Gurgel vorbeugend zu verhindern“, enttarnt Wen-Do Trainerin Renate Bergmann die Verkürzung derartiger Konzepte. Männer kennen eben die Gewalterfahrungen von Frauen nur aus zweiter Hand. Und deshalb können sie niemals Wen-Do Trainerin werden.

Claudia Thomsen

Interessentinnen wenden sich an den Frauenbuchladen, Bismarckstr. 98, 20253 Hamburg