Ritterrüstung, Rosenblüten, Fleischwunden

■ Siegfried: Installation mit Fotografien von Dörte Eißfeld im neuen Forum Fotografie

Eine Rose zu brechen, hieß man einst die Entjungferung ebenso wie den Soldatentod auf dem Schlachtfeld. Üppige Rosenbüsche sprangen der Künstlerin Dörte Eißfeld in England ins Auge. Spontan hielt sie die prallen Blüten mit der Kleinbildkamera fest. Nun wurden die Blüten, vielfach vergrößert, zu einem Teil der Ausstellung Siegfried, der ersten Schau im neuen Forum Fotografie im Museum für Kunst und Gewerbe.

Vorbei an einer Flucht einzelner Augen, die die Betrachterin zu beobachten scheinen, wird man in den Ausstellungsraum geführt. Für die Rauminstallation Siegfried hat Dörte Eißfeld ihre Arbeiten mit den Motiven Ritterrüstung, Welle, Rosen und fast bis zur Unkenntlichkeit nahen Großaufnahmen zweier menschlicher Rücken und zweier Schlüsselbeinpartien so gehängt, daß sie miteinander in Beziehungen treten. Der Mythos des verwundbaren Helden Siegfried spiegelt sich in der Ambivalenz der kombinierten Motive: Rosenblüten wie Fleischwundeoder eine Welle kurz vor der Brechung, eine Ritterrüstung,die in der Reihung - versetzt mit den gedoppelten Rosenblüten - ebenso eisern wie komisch wirkt.

Eißfeld, die an der HfBK in Hamburg studiert hatte und heute in Braunschweig an der Hochschulde für Bildende Künste lehrt, hat in der Installation Siegfried, in der sie sich mit der heutigen Welle von Gewalt auseinandersetzt, auch zurückgegriffen auf ihre Beschäfti-gung mit Oberflächen und der menschlichenHaut im Besonderen. Hier stehen die dunklen Aufnahmen der Körperlandschaften für eine Verletzlichkeit, der die wehrhaften Rüstungen, deren Blüte nur kaum zwei Jahrhunderte dauerte bis man begriff, daß der Schutz sich in Unbeweglichkeit verkehrte, gegenüberstehen. Die Betrachtung wird zu einem Prozeß, der das Sehen zur inneren Schau werden läßt.

Siegfried deutet bereits das Profil des neuen Forums Fotografie an, das von der Hamburger Fotografin Gisela Floto betreut wird. Hier sollen, im Museum für angewandte Kunst, die künstlerischen Aspekte und Möglichkeiten der Fotografie vorgestellt werden.

Ermöglicht wurde dies durch die Vorarbeit des Vereins der Freunde der Photographie im Museum für Kunst und Gewerbe. 1981 gegründet, hat der Verein das Ziel, die umfangreiche fotografische Sammlung des Museums der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen. Seit 1985 hat er das Forum Fotografie vorbereitet, Geld aufgebracht und den Umbau begleitet. Mit Siegfried wurde nun hoch oben im zweiten Stock des Museums ein Raum in Besitz genommen, der auch künftig der heutigen Fotografie in ihren diversen Facetten ein Forum bieten wird.

Julia Kossmann

Museum für Kunst und Gewerbe, bis 4. April, Broschüre: 5 Mark