Europa-Wahl: Keiner weiß was

■ Am 12. Juni dürfen EG-AusländerInnen erstmals mitwählen / Bis jetzt noch nicht mal Anträge auf Aufnahme ins Wählerverzeichnis Von Annette Bolz

Niemand weiß Bescheid, am allerwenigsten diejenigen, die es angeht: Am 12. Juni dürfen in Hamburg diejenigen 37.000 AusländerInnen wählen, deren Heimatland zur Europäischen Union gehört. Doch die meisten wissen noch nicht einmal um ihr Recht, geschweige denn um die Prozedur, die sie einhalten müssen, um das Europa-Parlament zu wählen. Denn dieselbe Bundesregierung, die mit Abschluß des Maastrichter Vertrages das AusländerInnen-Wahlrecht einführte, macht es denselben ziemlich schwer. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.

Wer aus einem Land der EU stammt – dies sind neben der BRD die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Griechenland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Großbritannien und Irland – darf wählen. Doch eingeladen zur Europa-Wahl werden nur Deutsche. Alle anderen müssen bis zum 9. Mai bei der Wahldienststelle des zuständigen Ortsamtes beantragen, ins sogenannte Wählerverzeichnis aufgenommen zu werden. Doch bislang wurde noch keine Wahldienststelle eingerichtet.

Auch die Anträge für die Aufnahme existieren noch nicht. Susanne Ulrich vom zuständigen Landeswahlamt des statistischen Landesamtes Hamburg rechnet erst Ende März bis Anfang April damit, die Formulare vom Bundesinnenministerium zugeschickt zu bekommen. Doch nicht nur diese Papiere fehlen, die gesamte Wahlordnung scheint noch im Bonner Ministerium zu gären. Bis dahin können sich Wahl-Interessierte jedoch an das Landeswahlamt wenden und dort einen Antrag für einen Antrag auf Aufnahme stellen.

Wer jetzt noch nicht abgeschreckt ist, wird es spätestens durch das Antrags-Papier, das nur in schönstem verschrobenen Amts-Deutsch gehalten ist. Ebenfalls einsprachig – natürlich deutsch – ist die Bonner Broschüre „Europa vor der Wahl 94“. Die ist erhältlich. Noch nicht zu haben ist dagegen das geplante Faltblatt zur Europa-Wahl in neun Sprachen. Wann dies fertig sein wird, weiß im Presseamt der Bundesregierung noch nicht einmal diejenige Sachbearbeiterin, die das Blättchen schreiben soll.

Wer trotz aller Hürden denn endlich am 12. Juni wählen darf, hat dann die Möglichkeit, sich für eine von rund dreißig Parteien zu entscheiden und ein Kreuzchen zu machen. Zwar sind 47 Parteien und Vereinigungen bekannt, die im Europa-Parlament etwas zu sagen haben wollen, doch nicht alle werden bis zum 5. April die erforderlichen 4000 Unterschriften beibringen können, um als zu Wählende anerkannt zu werden.

Dann beginnt für die WahlorganisatorInnen in Bonn ein Verfahren, über das sie selbst noch nicht Bescheid wissen: Die Zustellung des Wahl-Antrages an eine „Zentralstelle“ im Heimatland der europäischen WählerInnen. Dies soll verhindern, daß Leute mehrfach wählen können, beispielsweise einmal in Hamburg und einmal in Athen. Doch wer und wo die Zentralstellen sind, weiß das zuständige Bundeswahlamt genausowenig wie die WählerInnen etwas über die Wahl selbst wissen. Wirklich, ein Schelm, der Böses dabei denkt.