Bremerhaven: Atom-umschlagsplatz Nr. 1?

■ 12 Atomtransporte im letzten Jahr /Greenpeace startet neue Kampagne

Die Bremischen Häfen entwickeln sich zum Atomumschlagsplatz Nr. 1 in Deutschland, das befürchtet die Umweltorganisation Greenpeace. Die von Greenpeace ermittelten Zahlen über Atomtransporte für das letzte Jahr ergeben, daß der Umschlag „drastisch angestiegen“ ist: Im Jahr 1993 wurden demnach 12 mal abgebrannte Brennelemente über Bremerhaven verschifft; 1992 waren es noch 7 Transporte, 1991 keiner. Während in den Vorjahren ausschließlich Transporte aus Forschungsreaktoren durchgeführt wurden, soll erstmals im Juni letzten Jahres ein kommerzieller Atomtransport stattgefunden haben: Nach Greenpeace-Informationen wurden am 11. Juni elf hochradioaktive Brennstäbe aus dem Atomkraftwerk Isar in die schottische Wiederaufbereitungsanlage Dounreay verschifft. Nach Protesten im letzten Jahr wollte Häfensenator Beckmeyer (SPD) solch kommerzielle Transporte noch verhindern.

Als Verzögerungstaktik bezeichnet Greenpeace den Vorschlag des Senats, eine Gefährdungsstudie in Auftrag zu geben: „Es gibt bereits solche Studien für Hamburg, Lübeck und Saarbrücken, deren Ergebnisse lediglich noch an Bremer Verhältnisse angeglichen werden müßten“, so Jörn Behrens. Das würde erheblicher weniger Zeit in Anspruch nehmen. Die Studie war nach einem „Runden Tisch“ im Herbst 93 als Antwort auf die Forderung, die bremischen Häfen für Atomtransporte zu sperren, erdacht worden. Eine solche „Teilentwidmung“ des Hafens könnte laut Greenpeace und auch der Grünen vom Land Bremen entschieden werden, sofern nur der politische Wille dazu vorhanden sei; und zwar unabhängig von der Argumentation des Häfensenators, Atomrecht sei Bundesrecht, auf das Bremen keinen Einfluß habe. Weiter hatte der Häfensenator befürchtet, daß die Teilentwidmung des Hafens Bremen einen schlechten Ruf verschaffe und Auswirkungen auf den Gesamtumschlag haben könnte. Das Beispiel Lübeck zeigt, daß dies nicht der Fall ist: Das Geschäft läuft, obgleich dort bereits seit Jahren keine Atomtransporte mehr durchgeführt werden dürfen.

Greenpeace will Beckmeyer nun vor die Nase halten, daß auch er für die Erhöhung der radioaktiven Emissionen der WAA Dounreay, Hauptziel der über Bremerhaven umgeschlagenen Brennelemente, mitverantwortlich ist. Nachdem er auf 25.000 Protestunterschriften nicht reagiert hatte, wird Greenpeace nun in 80 deutschen Städten an Beckmeyer adressierte Protestbriefe verteilen, die ihn zum Handeln auffordern. skai

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