Spurensuche in der „GrauZone“ der DDR

■ Archiv über die nichtstaatliche DDR-Frauenbewegung aufgebaut

Über die nichtstaatliche Frauenbewegung der DDR ist bisher nur wenig bekannt. Diesen Umstand zu ändern, haben sich drei Berlinerinnen zum Ziel gesetzt. Seit gut einem Jahr sammeln sie unter dem Projektnamen „GrauZone“ Dokumente dieser vielschichtigen Bewegung. Die Ergebnisse ihrer bisherigen Spurensuche werden ab 15. März öffentlich zugänglich sein.

Nach vorsichtigen Schätzungen zählten die unabhängigen Frauengruppen der DDR, von denen viele Anfang der achtziger Jahre entstanden, zwischen 2.000 und 3.000 Mitglieder. Rund 100 derartige Zusammenschlüsse sind bisher bekannt.

Zu den wichtigsten zählt Projektleiterin Samirah Kenawi die „Frauen für den Frieden“, die sich insbesondere für internationale Abrüstung und Menschenrechte einsetzten, sowie die Lesbenbewegung und die Arbeitskreise feministischer Theologinnen.

Daneben gab es mehr im privaten Bereich agierende Selbsthilfegruppen, darunter von alleinerziehenden Müttern und krebskranken Frauen. Jede Initiative dieser Art wurde von Staat und Stasi zumindest beargwöhnt, ihre Mitglieder teilweise auch verfolgt. Spezifische Strategien gegen die unabhängige Frauenbewegung sind bisher jedoch nicht nachgewiesen, erläutert Frau Kenawi, die selbst in mehreren Gruppen tätig war.

Rund 1.000 inoffizielle, illegale und private Dokumente hat das Archiv bisher zwischen Insel Rügen und Thüringer Wald zusammengetragen und in einer Datenbank erfaßt. Zum Bestand gehören Manuskripte, Artikel, Berichte, wissenschaftliche Arbeiten, Mitschriften von Veranstaltungen, Vorträge, Briefe, Nachlässe, Tagebücher, Zeitschriften und Schriftenreihen, Plakate, Fotos, Film- und Tondokumente, Veranstaltungsprogramme, Flugschriften und Eingaben.

Vor dem schnellen Vergessen bewahren

Die Sammlung soll fortgeführt werden. Besonderes Interesse besteht an Material privater Freundinnenkreise, künstlerischer Frauengruppen und der nichtöffentlichen Forschung zu Frauenfragen.

Frau Kenawi sieht in dem Projekt die Möglichkeit, ein abgeschlossenes Kapitel Frauengeschichte vor dem Vergessen zu bewahren und für die Forschung zu erschließen.

Immerhin lösten sich die meisten dieser unabhängigen Gruppen mit der Wende auf. Ein Teil ihrer Mitglieder schloß sich den neugegründeten Bürgerrechtsbewegungen, wie darunter Neues Forum, Bündnis 90 und dem Unabhängigen Frauenverband, an.

Träger des Archivs mit Sitz in der Brunnenstraße im Bezirk Mitte sind die gemeinnützige Berliner Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft für Frauen „Chance“ und ein Förderprogramm der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen.

Die Sammlung, die zunächst nur für Frauen zugänglich sein soll, ist dienstags und donnerstags von 9 bis 13 Uhr, mittwochs von 9 bis 15 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung (unter der Nummer 030/282 48 89) geöffnet. Christina Schultze (ADN)