Sozialamt statt Uni

■ Der Lehrbetrieb Westberliner Unis droht lahmgelegt zu werden

Brigitte Reich, Berliner Vizechefin der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW), schlug gestern Alarm: Der Lehrbetrieb an den beiden Westberliner Universitäten drohe „lahmgelegt zu werden“. Diese Formulierung bezog sich allerdings nicht auf mögliche Streikaktionen, sondern auf die Sparmaßnahmen. Falls die Sperrung von zwei Dritteln der freiwerdenden studentischen Hilfskraftstellen ein Jahr durchgehalten werde, würden an den Berliner Hochschulen 50 Prozent der Stellen leerbleiben.

Bereits zu Beginn des Sommersemesters in vier Wochen wären 1.000 von derzeit 6.000 studentischen Beschäftigten ohne Job. Wer – vielfach kurz vor dem Examen stehend – plötzlich den Job an der Uni verliere, könne sich zu einer Exmatrikulation gezwungen sehen. So entstünde ein Anspruch auf Sozialhilfe – aus der Landeskasse.

Nach dem Schock des totalen Stellenstopps im Februar gibt es einige Hoffnungszeichen. An der FU soll es, so Krischa Hanke vom Personalrat, auf Antrag eine sechsmonatige Verlängerung von auslaufenden Verträgen geben. Der Notstand würde um ein halbes Jahr verzögert. Den Hilfskräften an der TU versprach ihr Präsident Dieter Schumann am Donnerstag, wer in der Lehre eingesetzt werde, könne mit Vertragsverlängerung rechnen. Diese TutorInnen machen an der TU drei Viertel der Hilfskräfte aus.

Doch auch andere studentische Beschäftigte sind für den Uni-Betrieb unersetzlich. Studienfachberatung oder die Betreuung ausländischer Studierender wären in Frage gestellt, auch die Bibliotheken. Alexander Neddermeier vom Studentischen Personalrat der TU: „Unsere Mathe-Bibliothek hat fünf Hilfskraftstellen, von denen jetzt drei Verträge auslaufen. Wenn nur eine der Stellen weiter besetzt ist, müssen die Öffnungszeiten entsprechend reduziert werden.“ Eine Kürzung der Benutzungszeiten würde erwerbstätigen Studierenden die Einhaltung der Regelstudienzeit zusätzlich erschweren. Matthias Fink