■ In eigener ITB-Sache
: Peinliche Ignoranz

Sind Sie schon mal versetzt worden? Wenn ja, kennen Sie sicherlich das unbehagliche Gefühl. Einfach peinlich. Fragt sich nur, für wen? Die taz hatte zur diesjährigen ITB eine Podiumsdiskussion mit Touristikmanagern und Vertretern einiger Länder zum Thema „Gewalt gegen Urlauber“ geplant. Trotz eindeutiger Zusage blieben die zwei fest angekündigten Vertreter Floridas, der Bürgermeister Miamis, Steven Clark, und Carlos Migoya von der Initiative „Miami gegen Gewalt“ kurzfristig weg. Die Begründung: Überlastung und schwierige Terminplanung.

Ägypten, dessen Frankfurter Fremdenverkehrsamt die Zusage für „Tourismusminister El- Beltagui oder einen Vertreter“ gegeben hatte, sagte kurzfristig auf der Messe ab. Begründung: Es sei eine politische Entscheidung von oben. Man wolle auf dieser Messe nicht über Gewalt sprechen. Über was dann, fragt sich die Berichterstatterin. Eine erstaunliche Ignoranz vor dem Hintergrund, daß just letzten Freitag eine deutsche Touristin auf einem Nildampfer vom Ufer aus angeschossen wurde und schwerverletzt ins Krankenhaus der Islamisten-Hochburg Assuit eingeliefert wurde. Am Montag gab es einen Anschlag auf einen Reisezug in der Nähe von Assuit, bei dem neun Ägypter verletzt wurden. Die Devise „Augen zu und durch“, wie sie der Chef des ägyptischen Fremdenverkehrsamtes, Mohamed Bakier, offensichtlich vertritt, wirkt unglaubwürdig. Man hört und staunt und guckt jetzt dreimal hin.

Doch noch größer war das Erstaunen, als sich der ägyptische Tourismusminister El-Beltagui persönlich von dieser Art der Öffentlichkeitsarbeit seines Frankfurter Büros gegenüber der taz distanzierte. Man habe ihn weder benachrichtigt noch gefragt. „Die politische Entscheidung von oben“ war die persönliche Meinung des Chefs vom Frankfurter Büro, Mohamed Bakier. Er sei hier, versicherte der Minister gegenüber der taz, um über die Gewalt in Ägypten zu sprechen. Denn die sei Realität.

Offensichtlich hat der Fremdenverkehrsverantwortliche Bakier den offensiveren, aufgeklärteren Kurs seines vorgesetzten Ministers noch nicht mitbekommen. Die Taktik Bakiers, das Problem totzuschweigen, bis es sich von selber löst, wirft vor dem Hintergrund der Ereignisse nicht nur ein negatives Licht auf die Selbstdarstellung des vom Tourismus abhängigen Landes. Es zeugt auch von einem höchst unterentwickeltem Demokratieverständnis und einer verstaubten Öffentlichkeitsarbeit.

Die Politik des „Deckel drauf“ ändert nichts an den stagnierenden Touristenzahlen. Im Gegenteil. Offene Aufklärung ist gefragt. Das scheint man im ägyptischen Tourismusministerium in Kairo erkannt zu haben. Woran es noch hapert, ist die Übermittlung an die ausführende Basis. Edith Kresta