Es muß schließlich keiner aus dem Klo trinken

Regenwasser braucht nicht ungenutzt in den Gully zu fließen, denn für den letzten Dreck reicht es allemal  ■ Von Christian Arns

Wenn die Klospülung mal wieder richtig rauscht, dann wäre dafür nicht unbedingt die beste Wasserqualität nötig. Und doch läßt jeder in der Bundesrepublik durchschnittlich fast 50 Liter Trinkwasser täglich nur zu diesem Zweck in die Kanalisation laufen. Rund ein Drittel des täglichen privaten Wasserbedarfs geht nur für die Toilette drauf – viel zuviel, wie selbst Wasserwerke meinen.

Sie raten zur Nutzung von Regenwasser im privaten Haushalt. Die einfachste Methode ist zunächst, das Wasser lediglich zu sammeln, um damit in Trockenzeiten weiter den Garten gießen zu können. Der nächste und kaum noch vergleichbare Schritt ist dann die Speicherung, um mit dem Regenwasser die Toilettenspülung oder sogar die Waschmaschine zu betreiben. „Ein Drittel des Trinkwasserverbrauchs einzusparen, das ist in jedem Fall drin“, meint Gisela Mathée, Pressesprecherin der Hamburger Wasserwerke. So könnten die „Vorkommen an gutem Grundwasser geschont werden“. Zudem würden Kanalisation und Klärwerke bei starkem Regen durch die Speicherung entlastet.

Hamburg bei Großstädten nicht zu schlagen

Im Hamburg haben die Wasserwerke schon lange kein Interesse mehr, den Bürgern möglichst viel Wasser zu verkaufen. Wie in anderen Ballungszentren ist die Qualität des Trinkwassers gefährdet, wenn zuviel benötigt wird. Grund genug für die Hamburger Wasserwerke GmbH, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Stadt, Sparer zu belohnen: „Bei Einfamilienhäusern werden bis zu 2.000 Mark gezahlt, bei Mehrfamilienhäusern bis zu 30 Mark pro Quadratmeter überdachter Grundfläche“, erklärt Kai Fabig, Pressesprecher der Hamburger Umweltbehörde. Hamburg stellte dafür wie im letzten Jahr 300.000 Mark zur Verfügung.

Seit fünfeinhalb Jahren unterstützt Hamburg die Regenwassernutzung, 900 Anlagen sind so gefördert worden. Gelobt wurden die Hanseaten dafür von der Deutschen Umwelthilfe. Diese führte im letzten Jahr den Kommunalwettbewerb „Bundeshauptstadt für Natur- und Umweltschutz“ durch. Hamburg belegte Platz 5 und wurde damit die mit Abstand beste Stadt vergleichbarer Größe.

Immerhin auf dem zwölften Platz landete die hessische Hauptstadt Wiesbaden, die ebenfalls im Bereich „Wasser sparen“ punkten konnte: Seit zwei Jahren beschäftige sich deren Untere Wasserbehörde mit der Regenwassernutzung, wie Leiter Ernst Kluge gegenüber der taz erklärte. „So können jährlich vier Millionen Kubikmeter Trinkwasser gespart werden“, errechnete er für Wiesbaden, 34 Millionen werden insgesamt verbraucht. Allerdings soll der Regen der Landeshauptstadt nur für den Garten genutzt werden, nicht im Haus. Schuld daran ist vor allem das Umweltbundesamt, daß von der Nutzung abgeraten hat, ohne eigene Tests durchzuführen. Den Bau der Speicher, der Zisternen, unterstützt das Wiesbadener Umweltdezernat, dem zur Zeit der sozialdemokratische Oberbürgermeister Achim Exner vorsteht, mit jährlich 50.000 Mark.

„Das ist albern“, urteilt Hamburgs Umweltsprecher Fabig, „da kann ich mir auch 'ne Tonne in den Garten stellen.“ Sinn hat das Programm nach seiner Meinung nur, wenn Regenwasser überall dort genutzt wird, wo nicht unbedingt Trinkwasser gebraucht wird. Auch innerhalb Wiesbadens gibt es eine ganz andere Meinung: Hessens Umweltminister Joschka Fischer wirbt in einer 60-Seiten-Broschüre für die konsequente Regenwassernutzung: „Wie eine Untersuchung in Hessen gezeigt hat, ist es von der Menge und Qualität für die Toilettenspülung, das Wäschewaschen und die Gartenbewässerung im Regelfall geeignet.“

Sogar eigene Arbeit wird mit 15 Mark verrechnet

Im eigenen Bundesland ist davon auch die Gemeinde Langgöns überzeugt. Sie hat zwar nur gut 10.000 Einwohner, fördert aber trotzdem die Regenwassernutzung: „Die Höhe der Zuwendungen beträgt 30 Prozent der entstandenen Kosten, höchstens jedoch 2.500 Mark“, so die Richtlinien. Nach denen kann seit Februar letzten Jahres sogar die eigene Arbeitskraft mit 15 Mark pro Stunde in Rechnung gestellt werden, so Umweltberater Uwe Müller gegenüber der taz. Im Kommunalwettbewerb lag die Gemeinde Langgöns im Wasserbereich daher ganz vorne.

Immerhin rund dreimal so groß ist das niedersächsische Städtchen Georgsmarienhütte, das ebenfalls auf die Nutzung des Regenwassers setzt. Wenn „mindestens eine Waschmaschine und eine Toilette bzw. mehrere Toiletten oder mehrere Waschmaschinen gespeist werden“, gibt die Stadt bei entsprechender Dachfläche und bei einem „Speichervolumen von mindestens 4.000 Litern“ einmal pauschal 400 Mark dazu.

Kein finanzieller Vorteil für Umweltbewußte

Doch obwohl mittlerweile einige Kommunen die Nutzung von Regenwasser durch Förderprogramme finanziell unterstützen, ist sich Hamburgs Umwelt-Pressesprecher Fabig sicher: „Diese Anlagen amortisieren sich nicht in zehn bis 15 Jahren.“ Da der Wasserpreis noch immer sehr gering sei, könne die Ersparnis die Investition nicht refinanzieren. „Es ist jedoch davon auszugehen, daß der Preis für Trinkwasser in Zukunft erheblich steigen wird“, so die Broschüre von Hessens Umweltminister Joschka Fischer. Übereinstimmend betonen die Befürworter, daß sich der Vorteil für die Umwelt nicht immer in Mark und Pfennig auszahlen müsse. „Ich sage den Leuten immer, sie sollen es nicht wegen des Geldes machen“, gibt Kai Fabig zu, „macht es aus Überzeugung!“

Nicht nur steigende Trinkwasserpreise begünstigen jedoch auch die rechnerische Seite, sondern auch die Abwasserentsorgung. Denn in vielen Städten richtet sich die dafür erhobene Gebühr nach dem Trinkwasserverbrauch – die Aufbereitung des im Haus verschmutzten Regenwassers braucht also nicht bezahlt zu werden.

Die Filter machen bisher noch zuviel Arbeit

„Ein Filter ist bei allen Regenwasseranlagen vor dem Speicher vorzusehen“, rät die hessische Broschüre eindringlich. Dabei sollen sowohl Moos und Blätter, aber auch Sand und feine Dreckpartikel ausgesondert werden. Diese Filter sind jedoch bislang ein Schwachpunkt vieler Anlagen.

Das auf dem Dach gesammelte Wasser fließt durch Regenrinne und Fallrohr nach unten zum Filter. Ganz gleich, ob hier eine Art Sieb oder ein Filter mit einer Sand- oder Kiesschicht angebracht ist – beides kann durch von oben kommendes Laub relativ schnell verstopft werden. Gerade bei den Sandfiltern ist zudem die Reinigung realtiv aufwendig: „Das ist für den Alltagsbetrieb nicht ganz befriedigend“, urteilt Thilo Herrmann. Der Geo-Ökologe aus Bayreuth entwickelt daher zur Zeit eine neuartige Filteranlage, deren Grundprinzip mehr als simpel ist: Zwei alte Waschmaschinen-Trommeln werden zu einem geschlossenen Zylinder verbunden, durch den ein ebenfalls perforiertes Rohr läuft. Der Zwischenraum ist mit Tongranulat gefüllt. Diese Konstruktion steht aufrecht in einem breiteren Behälter, so daß das Wasser seitlich in die Trommeln eindringt, auf dem Weg nach innen gereinigt wird und dann nach unten in den Speicher fließt. An dieser Anlage werden schon bald Auszubildende im Berufsbildungs- und Technologie-Zentrum in Hof geschult. Die Handwerkskammer Oberfranken hält die Regenwassernutzung für so sinnvoll, daß die angehenden Sanitär-Handwerker entsprechend eingewiesen werden sollen. Auch zum Meister-Lehrgang gehört seit einem guten Jahr ein Ausbildungsblock „Regenwassernutzung“.