■ Das Portrait
: Wang Fuchen

Dissident in Shanghai festgenommen Foto: AP

Daß sein Name auf der Liste stehen mußte, war Wang Fuchen ganz klar. Noch in der vergangenen Woche hatte der 39jährige Shanghai eilig verlassen, kurz bevor der US-Unterstaatssekretär für Menschenrechtsfragen, John Shattuck, dort eintraf, und eine Reihe bekannter Dissidenten festgenommen wurde. Die Polizisten aber warteten auf Wang und fingen ihn gestern morgen vor seiner Wohnung ab.

„Seine Festnahme soll eine Warnung sein“, meinte der Shanghaier Dissident und Mitarbeiter Wangs, Yang Zhou, gestern morgen. Am Abend wurde Yang Zhou dann selbst nach Angaben seiner Familie abgeholt. Yang Zhou ist einer der Unterzeichner der „Friedenscharta“ vom November, in der eine Gruppe Pekinger und Shanghaier Intellektueller den politischen Wandel in China forderte. Zhou war in den vergangenen Tagen mehrfach von der Polizei verwarnt worden.

Wie Zhou zählt Wang Fuchen zu den unbeirrbaren Verfechtern von Demokratie und Menschenrechten in China. Wang war bereits an der ersten nachkulturrevolutionären Demokratiebewegung beteiligt: Für seine Aktivitäten im „Pekinger Frühling“ von 1978/79 hat der Geschäftsmann drei Jahre im Gefängnis gesessen. Nach der Niederschlagung der demokratischen Proteste im Juni 1989 wurde er erneut verhaftet und für weitere drei Jahre eingesperrt. Um zu verhindern, daß es zu Gedenkveranstaltungen anläßlich des Jahrestages des Tiananmen-Massakers kommen würde, wurde Wang im vergangenen Jahr mit weiteren 50 Shanghaier Intellektuellen und Dissidenten von der Polizei vorgeladen und 24 Stunden lang verhört.

Wang Fuchen und viele andere Dissidenten verärgern die Regierenden in Peking nicht etwa durch radikale Umsturzpläne: Sie berufen sich vielmehr auf die chinesische Verfassung und fordern die Stärkung des Rechtssystems. Sie treffen sich in Diskussionszirkeln, geben Informationen über politische Gefangene weiter und forschen bei der Polizei über deren Schicksal nach. Wang Fuchen war seit den achziger Jahren Mitglied eines solchen Zirkels. Doch als er im vergangenen Jahr diese „Studiengruppe Menschenrechte in China“ offiziell registrieren lassen wollte, weigerten sich die Behörden, seinen Antrag anzunehmen. li