„Republikaner“ sind keine Arschlöcher

■ „Arschloch“ ist Beleidigung / „Rassist“ nicht überprüft

Neumarkt (taz) – Neumarkt ist ein beschauliches Städtchen in der Oberpfalz mit knapp 40.000 EinwohnerInnen. Seit Jahrzehnten regiert dort die CSU mit absoluter Mehrheit, ein NPD-Mann sitzt im Kreistag, und die örtlichen Skinheads feiern ihre Trinkgelage im „Unteren Ganskeller“ unweit des Amtsgerichts. Ab und an ziehen sie danach, Nazi-Lieder grölend, über den Marktplatz.

Der „schwarz-braunen“ Dominanz bietet nur die Ortsgruppe der Jungsozialisten ernsthaft Paroli. So auch am 19. Juni letzten Jahres. Drei Wochen nach dem Brandanschlag in Solingen luden die Reps zu einer Informationsveranstaltung mit ihrem Bezirksvorsitzenden Dieter Mayer ins nahegelegene Haimburg ein. Juso-Chef Michael Ceglar schusterte auf die Schnelle ein Flugblatt „gegen die rassistische Hetze der Reps“ zusammen. Als Überschrift verwendete er einen Aufkleber des Juso- Bezirks Hessen-Süd mit dem Schriftzug „Alle Rassisten sind Arschlöcher. Überall.“

Rep-Funktionär Mayer war empört. Sofort leitete er die Flugschrift an die Münchner Parteizentrale weiter, und Parteichef Schönhuber fühlte sich prompt beleidigt. Dem Leser würden die Reps „als angebliche ,Rassisten‘ vorgestellt und als ,Arschlöcher‘ tituliert“, schrieb sein Anwalt. Zudem wies man die Staatsanwaltschaft dezent auf das fehlerhafte Impressum hin.

Beim Amtsgericht Neumarkt erzielte Schönhuber einen Teilerfolg. Dort wertete man das „Arschloch“ als Beleidigung, von der Strafverfolgung wegen der Bezeichnung „Rassisten“ sah man jedoch ab. Den fälligen Strafbefehl über 15 Tagessätze a 70 Mark wollte Ceglar aber nicht auf sich sitzen lassen. So mußte sich Amtsrichter Hölzel mit dem sich beleidigt fühlenden Rep-Bezirkschef Mayer auseinandersetzen. Ceglar betonte, eine Beleidigung sei nicht beabsichtigt gewesen. Daß gerade Schönhuber, den er für den derzeit „größten Beleidiger der Republik“ hält, sich getroffen fühlte, fand er „sehr witzig“.

Richter Hölzel fand das nicht. Im Einklang mit dem Staatsanwalt wertete er den Ausdruck „Arschloch“ als Formalbeleidigung. Eine solche Gangart im politischen Meinungskampf sei nicht tragbar. Das „Arschloch“ und das fehlerhafte Impressum kosten Michael Ceglar nun 1.100 Mark. Rep-Funktionär Mayer sieht „dem Recht genüge getan“. Auf eine richterliche Überprüfung, ob „Rassist“ eine Beleidigung für einen Rep darstellt, will er es jedoch nicht ankommen lassen. Bernd Siegler