Südafrikas Regierung hat den Diktator des von Pretoria „unabhängigen“ Homelands Bophuthatswana offiziell abserviert. Der prominente weiße Wahlgegner Constand Viljoen will sich nun doch an den Wahlen beteiligen. Aus Johannesburg Willi Germund

Das Ende der burischen Einheitsfront

Nach mehrtägigem Zögern und unter massivem Druck des „African National Congress“ (ANC) hat Südafrikas Regierung gestern morgen den „Präsidenten“ des Homelands Bophuthatswana endgültig in den afrikanischen Busch geschickt. Lucas Mangope, der am Samstag abend in einem Fernsehinterview noch verkündet hatte, er wolle wieder regieren, sitzt seit Ende der Woche auf seiner Farm fest – schwer bewacht von Truppen der südafrikanischen Armee. Pretorias Botschafter in dem Schwarzenreservat, Tjaard van der Walt, übernahm die Leitung der Übergangsverwaltung. In sieben Wochen – nach den Wahlen – wird das Homeland wie neun weitere einst von Südafrika gegründete „Staaten“ formell wiedereingegliedert.

Mit der formellen Absetzung Mangopes widerfuhr dem Diktator doch noch, was er bis zum Ende nicht wahrhaben wollte. Schon 1988 waren südafrikanische Truppen in das Homeland geeilt, um einen Putsch zu beenden. Damals halfen die Soldaten, Mangope im Amt zu halten. Doch diesmal fügte sich die Regierung von Staatspräsident Frederik de Klerk in das Unvermeidliche und setzte ihn ab.

Die Entscheidung fiel Pretoria nicht leicht. Nach Mangopes Erklärung, er wolle die ersten demokratischen Wahlen Südafrikas (26.-28. April) nach anfänglicher Weigerung nun doch auch in Bophuthatswana erlauben, war Südafrikas Staatschef noch am Freitag bereit, Mangope im Amt zu lassen. Aber am Samstag wollte der 70jährige plötzlich von all dem nichts mehr wissen. Er bezeichnete die Revolte, die ihn am Donnerstag in die Flucht geschlagen hatte, als Verschwörung des ANC.

Das reichte selbst de Klerk und seiner Mannschaft. Zumal der Übergangsrat, in dem Vertreter aller Parteien sitzen, am Samtag morgen beschlossen hatte, Mangope abzuservieren und eine provisorische Verwaltung bis zu den Wahlen mit den Amtsgeschäften zu betrauen. Auch Nelson Mandela, ohnehin sauer, weil Polizeiminister Hernus Kriel am Freitag 50 Townships in ganz Südafrika ohne vorherige Absprache zu „Notstandsgebieten“ erklärt hatte, machte keinen Hehl aus seiner Überzeugung, daß Mangopes Ende gekommen sei.

In Bophuthatswanas Hauptstadt Mmabatho waren die südafrikanischen Truppen – die nach den mehrtägigen gewalttätigen Auseinandersetzungen in der vergangenen Woche, bei denen es einer neuen Bilanz zufolge über 60 Tote gegeben haben soll, am Ende die Stadt unter ihre Kontrolle brachten – als „Befreier“ begrüßt worden.

Ein ungewohntes Gefühl für die Soldaten. Denn während der vergangenen 20 Jahre spielten südafrikanische Soldaten immer wieder die Rolle des Besetzers. Innerhalb weniger Stunden konnten sie die im Zuge der Unruhen einsetzenden Plünderungen beenden und auch die letzten Mitglieder rechtsradikaler Weißen-Gruppierungen aus Bophuthatswana vertreiben. „Unsere Aufgabe besteht darin, die Stabilität soweit herzustellen, daß in Bophuthatswana freie politische Betätigung möglich ist“, erklärte Samstag morgen Brigadier Johan Coetzer, der Chef der südafrikanischen Truppen.

Sein Kollege, der von Südafrika an Bophuthatswana „ausgeliehene“ Befehlshaber der Verteidigungskräfte des Homelands, Kobus Jordan, hatte noch am Freitag den weißen Rechtsradikalen gestattet, auf einem Flughafen bei Mmabatho ihr Hauptquartier aufzuschlagen. Zuvor hatte die Regierung von Bophuthatswana Südafrikas militante Rechte um Hilfe gebeten. Die Antwort kam prompt: Innerhalb von 24 Stunden mobilisierten die Reformgegner rund 2.000 schwer bewaffnete Männer und setzten sie nach Mmabatho in Marsch. Die neofaschistische „Afrikaaner Weerstandsbeweging“ (AWB) sorgte bald für die ersten Zwischenfälle. Einige Gruppen schossen auf schwarze Passanten in den Straßen, verprügelten Journalisten und verbreiteten Angst und Schrecken.

Das war schließlich General Constand Viljoen, dem Führer des Buren-Dachverbandes „Afrikaaner Volksfront“ zuviel. Nachdem er am Freitag morgen vergeblich versucht hatte, die 2.000 Mann zum Abzug aus Bophuthatswana zu überreden, legte er seinen Posten nieder. Die Begründung: „Ich will mit solchen Leuten nichts zu tun haben.“ Der AWB des Eugene Terre Blanche hatte ihn schon einmal, im vergangenen Jahr, gründlich blamiert, als schwerbewaffnete Mitglieder der Gruppierung gewaltsam in das Johannesburger Hotelgebäude eindrangen, in dem gerade die Demokratieverhandlungen liefen.

Jetzt schreckte Viljoen nicht mehr davor zurück, Südafrikas Reformgegner zu spalten. Er registrierte seine Partei „Freiheitsfront“ für die Wahlen und legte fristgemäß eine Kandidatenliste vor. Und erteilte damit dem bewaffneten Widerstand gegen die Wahlen eine klare Absage. Er hoffe, so Viljoen, mit der Teilnahme an der Wahl den Volksstaat für Weiße mit friedlichen Mitteln erreichen zu können. Die Zulu- Partei Inkatha von Häuptling Buthelezi dagegen hat die Frist zur Vorlage einer Kandidatenliste endgültig verstreichen lassen.