Schröder wird knallrot vor Freude

■ Voraussichtlich absolute Mehrheit für die SPD in Niedersachsen / Die FDP fliegt aus dem Landtag / Grüne mit mehr Stimmen, doch zur Regierungsbildung nicht mehr nötig / CDU im Keller

Hannover (AFP/taz) – In Niedersachsen stand die SPD nach den Hochrechnungen gestern abend vor der absoluten Mehrheit. Die Sozialdemokraten unter Ministerpräsident Gerhard Schröder konnten bei der gestrigen Landtagswahl wie erwartet ihren Anteil von 44,8 Prozent halten. Nach der ARD-Hochrechnung um 19 Uhr mußte die CDU dagegen schwere Verluste hinnehmen: Ihr Stimmenanteil sank auf 36,6 Prozent. Vor vier Jahren brachte es die Union noch auf 42 Prozent. Bündnis 90/Die Grünen konnten ihr Ergebnis von 5,5 auf 6,8 Prozent verbessern.

Für die FDP entwickelte sich der Wahlabend zur Zitterpartie: nach der letzten Hochrechnung lag sie bei 4,6 Prozent. Auch nach einer ZDF-Hochrechnung schafften die Liberalen den Einzug ins Hannoveraner Parlament nicht. Die rechtsradikalen „Republikaner“ sowie die Statt-Parteien werden im niedersächsischen Landtag nicht vertreten sein. Die „Republikaner“ gewannen zwar mit 3,8 Prozent (1,5) an Boden, blieben aber deutlich unter der Fünfprozenthürde.

Damit könnte die seit vier Jahren bestehende rot-grüne Koalition in dem zweitgrößten Flächenland fortgesetzt werden. Falls allerdings die FDP an der Fünfprozenthürde scheitert, wäre für die SPD eine absolute Mehrheit der Mandate und damit eine Alleinregierung möglich. Bündnis 90/Die Grünen hatten sich für die Fortsetzung der Koalition mit den Sozialdemokraten ausgesprochen. Die FDP hielt im Wahlkampf die Koalitionsfrage noch offen.

Der SPD-Landesvorsitzende Johann Bruns kündigte Koalitionsverhandlungen mit Bündnis 90/Die Grünen an. Wenn die SPD nicht doch noch eine absolute Mehrheit der Sitze erreiche, würden die Sozialdemokraten zwar „Gespräche mit allen, Koalitionsverhandlungen aber ausschließlich mit den Grünen“ führen.

Als „hervorragendes Ergebnis“ bezeichnete SPD-Bundesgeschäftsführer Günter Verheugen das Abschneiden seiner Partei. Die Sozialdemokraten hätten dort alle ihre Wahlziele in „glänzender Weise“ erreicht. Der „Absturz“ der CDU habe sich weiter fortgesetzt; deshalb habe dieses Ergebnis auch Signalwirkung für den Bund. Der stellvertretende CDU- Landesvorsitzende und frühere Bundesinnenminister Rudolf Seiters sprach von einer „Enttäuschung“. Bei dem Ergebnis habe sicherlich der „Amtsbonus“ von Ministerpräsident Schröder eine große Rolle gespielt. Der grüne Europaminister Jürgen Trittin bezeichnete das Wahlergebnis als einen „schönen Tag“.

Nach der Hochrechnung erhielte die SPD 79 Mandate (plus 8). Die CDU verlöre drei Sitze und käme auf 64 Mandate. Die FDP fliegt aus dem Landtag. Bündnis 90/Die Grünen kämen auf 12 Mandate und hätten damit vier Sitze mehr.

Das diesjährige Wahlmarathon begann stürmisch, zumindest meteorologisch betrachtet. Die Wahlbeteiligung lag dennoch etwas höher als vor vier Jahren. Damals betrug sie 74,6 Prozent. In Niedersachsen hatten sich 768 Kandidaten um die insgesamt 155 Sitze im Landesparlament beworben. Außer den bereits im Landtag vertretenen Parteien SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen traten noch weitere 17 Parteien sowie vier Einzelkandidaten an. Bei der Landtagswahl vor vier Jahren hatten die Sozialdemokraten 44,2, die CDU 42, die FDP 6 und die Grünen 5,5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten. Die rechtsradikalen „Republikaner“ kamen lediglich auf 1,5 Prozent. Auf die SPD entfielen im Parlament 71, auf die CDU 67, auf die FDP 9 und die Grünen 8 Sitze. es