In die richtige Passform gebracht

■ Hamburg Oper: Krämers „Walküre“-Überarbeitung deutlich gelungener

Kaum hatten sich unter dem empörten Aufschrei der Öffentlichkeit die Tore des Schillertheaters endgültig geschlossen, ließ die Komische Oper in Berlin Erstaunliches verlautbaren. Eine vorgesehene Premiere sei, so die Intendanz, nach Begutachtung der katastrophalen Generalprobe ersatzlos gestrichen. Wäre dieses Verantwortungsbewußtsein das Ergebnis der Streichungen im öffentlichen Kulturetat, dann käme - so absurd das klingt - die Abschaffung einer Kunstinstitution der Kunst zugute. Denn nun hat man nicht nur weniger Geld, sondern verlangt wird auch mehr Kunst- als Geschäftssinn.

Günter Krämers Walküre, deren Premiere jetzt anderthalb Jahre zurückliegt, war damals von der Kritik und später auch von dem Kölner Intendanten selbst als mißglückt bewertet worden. Nachdem er mit Siegfried und Götterdämmerung den „Ring“ zuende gebracht hatte, unternahm er jetzt den (freiwilligen) Versuch einer Rettung. Und tatsächlich, er hat das Mißglückte zum Besseren gewendet. Erhebliche Korrekturen im Bühnenbild, die ästhetisch die Passform für die gesamte Ringkonzeption bringen, öffnen die Spielfläche und lenken die Aufmerksamkeit weg vom Bombastischen, hin zum Geschehen.

Der die acht Damen im Walkürenritt auf kurzer Bühne arg bedrängende Schleier ist verschwunden, das pantomimische Gemetzel im Hintergrund wird dadurch angebunden und zudem von einer neuen, rabenschwarz verkohlten Mondscheibe unheimlich beschattet. Im letzten Akt ist die Änderung besonders augenfällig: Hier ist ein ganz neuer Raum entstanden, der auf die späteren Ringteile verweist. Überhaupt sieht man, wie die Erfahrung des chronologisch Folgenden rückwirkend fruchtbar gemacht wurde. Vielleicht sollte es ein Regisseur einmal wagen, den Ring so zu inszenieren, wie es von Wagner geschrieben wurde: vom Ende her...

Wesentlich freilich hat sich nichts geändert. Der Abend ist spannender geworden, das Konzept tritt deutlicher hervor: und damit auch gerade das Mißglückte und Inkonsequente. Und schon gar werden alle Symbolismen in der insgesamt erfreulich versachlichten Arbeit unerträglich.

Übrigens muß bei dieser Gelegenheit vermerkt werden, daß Orchester und Dirigent Gerd Albrecht, der bei der Premiere für seinen laschen Wagner ebenfalls einige Prügel bezog, sich mittlerweile recht gut einmusiziert haben: bis auf eine lange Passage im zweiten Akt hat die musikalische Gestaltung erheblich an Profil gewonnen.

Stefan Rosinski