Kinderglück nach Kieselrot

■ Zweieinhalb Jahre nach der Schließung von fünf Sportplätzen steigt in Gröpelingen ein Freizeitpark wie Phoenix aus dem Dioxin / Erfolg für Stadtteil-Initiative und Eltern

Gröpelingen ist ein hemdsärmeliges Viertel, eins, in dem man zupackt. Doch gegen Kieselrot war man machtlos. Als vor zweieinhalb Jahren fünf Fußballplätze wegen der giftigen Schlacke geschlossen wurden, mußte man hier tatenlos zusehen, wie die Behörde die Plätze unter staubdichte Planen versteckte und zum Sperrbezirk erklärte: Spielen verboten!

Hatte das Angebot für Kinder und Jugendliche in dieser Region durch Sparmaßnahmen der vergangenen Jahre schon ein Spielbein verloren, so drohte es mit der Schließung der Bolzplätze sein Standbein zu verlieren. So nicht, sagten sich die Aktiven des Kulturladens Gröpelingen, und schlossen sich mit sieben Vereinen und engagierten Einzelpersonen zusammen, um wenigstens den Spielplatz an der Bromberger Straße zu retten. Heute blicken die knapp zwanzig ehrenamtlichen StreiterInnen auf zweieinhalb Jahre Arbeit zurück, von der sie behaupten können, sie hat sich gelohnt.

Der „Skateboardbahn- und Spielplatzinitiative e.V.“ gelang nicht nur der Erhalt des Bolzplatzes, sie plante und setzte einen ganzen Freizeitpark für Kinder, Jugendliche und Erwachsene durch. Mit einem Fußball-, der auch als Volley- oder Basketballplatz zu nutzen sein wird, mit einer Rollschuhbahn, Rasen- und Tischtennisplätzen, einer Heckenbühne samt Feuerstelle, einer Spielwiese, und, die Krönung, einem Skateboard-Areal. Darauf waren die Jugendlichen schon lange scharf, die ihre Bretter bislang über die Straßen schrubben mußten. Ihre Freizeit wird sich zukünftig in Rampenkurve und Half-Pipe legen, an der Aufstellfläche Artistik betreiben.

Planerische Salti hatten zuvor die Erwachsenen geschlagen, bevor sie vergangene Woche ihr Konzept der Öffentlichkeit vorstellten. „Keiner hätte anfangs dafür eine Hand ins Feuer gelegt“, erinnert sich Vereinsvorsitzende Gabi Dolivar. Doch alle Hürden sind genommen, selbst die Finanzierung steht. Abgesehen von 70.000 Mark, die der Verein aufzubringen hat, übernimmt die Stadt die Kosten des 1,9 Millionen-Projektes. Die Hälfte der Summe wird von der Geländesanierung verschlungen, die bereits begonnen hat. Der dioxinverseuchte Boden wird derzeit ausgekoffert und entsorgt, das Plaster für den Strand vorbereitet. „Es war unser Traum, mit den Leuten hier einen lebendigen Freizeit- und Kulturraum zu schaffen“, sagt Martin Nowacki stellvertretend für die AktivistInnen.

Spätestens Anfang des nächsten Jahres soll der Platz fertiggestellt sein. Die Jugendlichen mögens kaum glauben und haben nach anfänglich erhitztem Eifer ihre Teilnahme spürbar zurückgeschraubt. Nur spärlich trudelten sie zur Modellvorstellung ein, der mühsame Weg der Eltern durch die Institutionen hat ihnen schon jetzt zu lang gedauert. Sie spielen lieber Tischtennis im Raum nebenan, wo in enormer Höhe ein Transparent warnt: „Wir wollen nicht mehr warten, sonst habt ihr schlechte Karten“.

Dora Hartmann