Heute keine Schlagzeile.

■ Dafür die erwartbaren Äußerungen der ParteipolitikerInnen, Analysen und Therapievorschläge

Bonn (taz) – Was sagt der 13. März in Niedersachsen über den 16. Oktober in der ganzen Republik? Die Neigung der Bonner Parteispitzen, am Wahlergebnis vom Sonntag Trends für das Wahljahr 1994 abzulesen, stand in direktem Verhältnis zu Erfolg und Niederlage.

Während der SPD-Vorsitzende Rudolf Scharping für seine Partei einen „sehr schönen Start“ feststellte und die bündnisgrüne Sprecherin Marianne Birthler erklärte, daß die Wahl „ein rot-grünes Signal“ sei, räumten die Parteivorsitzenden von FDP und CDU zwar eine „schmerzliche Niederlage“ (Klaus Kinkel) und einen „herben Verlust“ (Helmut Kohl) ein, verbreiteten aber Gelassenheit.

Scharping würdigte vor der Presse zunächst die Leistung von Gerhard Schröder. Daß die SPD bundesweit eine stabile Kraft sei, so Scharping mit dem Understatement des Gewinners, „hat sicher nicht geschadet“. Der SPD-Chef wertete die fast unverändert hohe Wahlbeteiligung und die Tatsache, daß „die beiden Volksparteien über 80 Prozent liegen“, als Hinweis, daß „die Chance besteht, den Ärger über die Parteien abzubauen“. Die SPD habe die Chance, „sich eine klare Führung zu erarbeiten“. Das Ergebnis sei auch deshalb „optimal“, weil es „keinen Grund zu Übermut“ zulasse. Es bleibe sein Ziel, daß die SPD stärkste Partei werde. Er wünsche, „daß das Angebot an Koalitionspartnern größer wird als die Nachfrage. Das senkt bekanntlich die Preise.“

Als deutliches Votum für Rot-Grün interpretierte Bündnis 90/Die Grünen das Ergebnis. VertreterInnen des Bundesvorstands und aus Hannover betonten, daß Grün wählen müsse, wer eine solche Koalition wolle. Bundessprecher Ludger Volmer warnte die SPD vor einer Großen Koalition und sagte, „daß die Grünen gebraucht werden, damit die SPD genötigt wird, wirkliche Reformpolitik zu betreiben“. Die Bundesvorstandssprecherin Marianne Birthler wies darauf hin, daß die SPD in Niedersachsen mit rot-grüner Option gewonnen, während sie mit ihrer abwehrenden Haltung in Hamburg verloren habe.

Auf Koalitionsfragen mochte Klaus Kinkel, der „alles andere als schwarzsehen“ wollte, nicht einsteigen. Als gelte es, Konsequenzen aus der Wahl gleich praktisch zu demonstrieren, hatte er seinen Auftritt vor der Presse mit einem klaren Nein zu der vom Koalitionspartner Theo Waigel (CSU) geplanten Mineralölsteuer eröffnet. „Wir müssen einfach besser werden“, faßte Kinkel ansonsten zusammen: „Mut zur Analyse, Mut zur Therapie.“ Kinkel kündigte sowohl ein deutlicheres Profil als auch ein „mit Stil und Anstand Weiterarbeiten“ in der Koalition an; die FDP müsse „Spur halten und nicht durch die Gegend flattern“. In Bundesvorstand und Präsidium lief gleichzeitig eine lebhafte Diskussion über die Schwierigkeiten der FDP zwischen Koalitionstreue und eigenem Profil.

Eine „Niederlage, die man eingestehen muß“, hatte Helmut Kohl zu melden. Da er darin über die Jahre viel Routine erwerben konnte, gelang ihm das auch gestern mit Ruhe und Gelassenheit. Viel Lob für den Spitzenkandidaten Christian Wulff, der nach dem Votum des CDU-Bundesvorstands Fraktionsvorsitzender werden soll. Auch der Chef der Volkspartei CDU sieht in Niedersachsen „das törichte Gerede“ widerlegt, daß die Deutschen dabei seien, zu Wahlverweigerern zu werden. „Die Sozialdemokraten sind eindeutig Sieger“, sagte Kohl und beschränkte den Sieg sofort auf Niedersachsen: „Der Sieger hat einen Namen. Das ist der des Ministerpräsidenten.“ Indes sei sein „Plus erstaunlich gering“. Die FDP habe ein schlechtes Ergebnis sicher auch deshalb, weil sie kurz vor Toresschluß die Koalitionsaussage geändert habe. Die „schwankende Position hat nicht geholfen“. tib