Signal aus Bonn

■ Experten streiten weiter um den Brand im Atomkraftwerk Biblis A

Frankfurt/Main (taz) – Im Bonner Ministerium tagten die Experten, Umweltminister Klaus Töpfer bemühte sich am Montag persönlich nach Wiesbaden. Die CDU- Landtagsfraktion hatte ihn eingeladen, und er kam, um den hessischen Umweltminister Joschka Fischer „an den kurzen Zügel“ zu nehmen: Bis zum 8. April will er von seinem grünen Konkurrenten einen umfassenden Rapport über den Stand der Genehmigungsverfahren für die von Ex-Umweltminister Karlheinz Weimar (CDU) vor drei Jahren eingeklagten 49 Nachrüstungsmaßnahmen für das Atomkraftwerk Biblis A haben. Daß diese Nachrüstungsmaßnahmen innerhalb der festgesetzen Frist von der Betreibergesellschaft RWE nicht umgesetzt wurden, ist für Töpfer weiterhin ein nur marginales Problem: „Ertüchtigung zur Optimierung“ sei zwar eine „durchaus sinnvolle Angelegenheit“ – doch bei den 49 Nachrüstungsmaßnahmen handele es sich „lediglich um Risikovorsorge“ und „nicht um Gefahrenabwehr“. Und deshalb, so Töpfer im Brustton der Überzeugung, stehe einem Wiederanfahren der Anlage auch nichts im Wege.

Daß Fischer grollte, der Christdemokrat habe sich mit dieser Meinung vollends „in die Tasche von RWE gesetzt“, hält Töpfer für eine „ausgesprochen unerfreuliche Äußerung“. Auch der im Detail noch nicht abschließend bewertete Brand im Kernbereich des Reaktors ficht ihn nicht an. Er verläßt sich auf seine Gutachter von der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS), die zu dem Schluß gekommen waren, das „nicht meldepflichtige Ereignis“ sei von der Bedienungsmannschaft „sicher beherrscht“ worden.

Im Gegensatz dazu hatte der von Fischer zur Begutachtung bestellte Wiener Brandschutzexperte Schneider am Montag in Bonn noch einmal ausgeführt, daß ein ähnliches Brandereignis bei laufendem Reaktor möglicherweise „nicht in allen Bereichen sicher beherrscht“ werden könne und lokal beschränkt bleibe. Doch das Expertengespräch mit den Gutachtern der GRS brachte keine Annäherung der Standpunkte.

Daß sich alleine aus der Expertise von Schneider keine vorübergehende Stillegungsverfügung ableiten läßt, weiß man aber auch im Hause Fischer. Noch gestern wurde Töpfer von Fischer ein Untersuchungsbericht zu dem „Brandereignis“ überstellt – mit Auflagenempfehlungen für den Fall der Wiederanschaltung des Reaktors. Das Signal „Grünes Licht!“ soll von Bonn aus gefunkt werden. In Biblis jedenfalls sitzen die Reaktorfahrer schon am Schaltpult – und Joschka Fischer am kürzeren Hebel. Klaus-Peter Klingelschmitt