Kommentar: „Schnee von gestern“
■ Der Rechtsbruch bei Gaertner-Wahl stört niemanden
Nur kurz hat die Bürgerschaft gestern über das Urteil des Bremer Verfassungsgerichts debattiert, das festgestellt hatte, Irmgard Gartner hätte im März 1992 nicht in den Senat gewählt werden dürfen. Bürgermeister Wedemeier berichtete, er persönlich habe mit Gaertner damals die Frage besprochen. „Schnee von gestern“ meinte Wedemeier dann: Gaertner wird wiedergewählt und die Wahlvoraussetzungen werden geändert, damit sowas nicht nochmal passiert. Und überhaupt, die Bonner Kalition kassiere laufend Niederlagen vor dem Verfassungsgericht und der Bremer CDU sei das 1975 auch mal passiert, daß sie einen aufgestellt hat, der die Wahlvoraussetzungen des Gesetzes nicht erfüllte.
So einfach ist das. So einfach können die, die nach der Aufhebung der Trennung von Exekutive und Legislative die politische Macht ungeteilt ausüben, nach einem Rechtsbruch die Gesetze entsprechend ändern. Niemand dankte es dem Verfassungsgericht, daß es auf das Problem hingewiesen hat. Bei der nächsten Bestellung von Richtern für das Bremer Verfassungsgericht wird man sehen, wie die politische Macht die Unabhängigkeit der Judikative behandelt.
Die Politiker gehen zur Tagesordnung über: Wie bringe ich die FDP unter die 5-Prozent-Hürde ist das Thema dieses Jahres. Dann gehen 4 Prozent der Wählerstimmen „verloren“, will sagen: die anderen können sich die Beute teilen. Klaus Wolschner
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