Menschenschleusende Tamilen verurteilt

■ Mammutprozeß in Nürnberg zu Ende

Nürnberg (taz) – Die Staatsschutzkammer des Nürnberger Landgerichts hat nach viermonatiger Prozeßdauer neun Tamilen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung (§ 129) und Beihilfe zur unerlaubten Einreise von Ausländern verurteilt. Die Freiheitsstrafen bewegten sich zwischen neun Monaten auf Bewährung und drei Jahren und drei Monaten.

Von Anfang an war das Nürnberger Mammutverfahren umstritten. Die Anklage basierte weitgehend auf abgehörten Telefongesprächen, die von einem mit dem federführenden Ermittlungsbeamten befreundeten Dolmetscher übersetzt worden waren, und einem Tamilen, der mit der Polizei zusammenarbeitete. Demnach sollen die neun Angeklagten einem internationalen „Schleuserring“ mit Filialen in Colombo, Moskau, Prag, Paris, Nürnberg und Saarbrücken angehört haben. Insgesamt sollen sie 2.000 Tamilen aus dem vom Bürgerkrieg geschüttelten Sri Lanka nach Deutschland und von dort weiter nach Frankreich, Kanada und in die Schweiz gebracht haben. Laut Anklage sollen sie dafür zwischen 10.000 und 13.000 Mark pro Person erhalten haben.

Die Verteidiger der Angeklagten bezweifelten nicht nur die richtige Übersetzung der Gespräche, sondern überhaupt das Vorliegen einer Straftat. Die ins Land gebrachten Tamilen seien ja tatsächlich politische Flüchtlinge gewesen und hätten hier Asyl bekommen. Eine kriminelle Vereinigung könne schon gar nicht vorgelegen haben, da jeder der mutmaßlichen „Schleuser“ auf eigene Rechnung gearbeitet habe.

Nach zähem Fortgang der Beweisaufnahme verzichteten die Verteidiger jedoch darauf, dies im Detail nachzuweisen. Ihre Mandanten wollten so schnell wie möglich aus der Haft entlassen werden. So einigten sich die Verfahrensbeteiligten nach vier Monaten, den Prozeß zu Ende zu bringen. Die Angeklagten akzeptierten eine Verurteilung nach § 129 und verzichteten auf Rechtsmittel. Im Gegenzug hob die Staatsschutzkammer die Haftbefehle auf. Damit können die Tamilen ab sofort Deutschland verlassen und entgehen einer Abschiebung nach Sri Lanka, wo ihnen Folter, Gefängnis und Tod gedroht hätten. Bs