Die Auslieferung von Terroristen kein Thema

■ Syriens Außenminister in Bonn

Berlin (taz) – Die Atmosphäre beim Besuch des syrischen Außenministers in Bonn soll offenbar nicht belastet werden: auf dem offiziellen Programm fehlt deshalb das heikle Thema „Auslieferung“ der von Syrien protegierten Terroristen „Carlos“ und Weinrich. Im Zentrum der Gespräche steht die Rolle Syriens beim Friedensprozeß im Nahen Osten – da paßt es nicht in die außenpolitische Interessenlage, die syrische Regierung als Paten des internationalen Terrorismus anzuklagen.

Der Chef der Gruppe „Carlos“, der weltweit gesuchte Iljitsch Ramirez Sanchez („Carlos“), und sein deutscher Stellvertreter Johannes Weinrich sollen seit 1986 in Damaskus leben. In der Bundesrepublik werden sie unter anderem als Drahtzieher des Bombenanschlags auf das Berliner Kulturzentrum „Maison de France“ im August 1983 gesucht. Damals war ein Mensch getötet und dreiundzwanzig Menschen schwer verletzt worden. Insgesamt wird die Gruppe für nahezu zwei Dutzend Anschläge verantwortlich gemacht.

Syrien hat bislang abgestritten, daß es der Carlos-Gruppe Unterschlupf biete. Zwei nach Damaskus entsandte Beamte des Bundeskriminalamts sammelten dagegen detaillierte Kenntnisse über Carlos und Weinrich, wurde gestern im Prozeß um den Anschlag auf das „Maison de France“ bekannt. Die BKA-Fahnder hätten festgestellt, daß Weinrich in Damaskus ständig in der Öffentlichkeit auftritt und den Mitarbeitern der deutschen Botschaft mit seiner vollen Identität bekannt ist. Der Carlos-Stellvertreter sei immer bewaffnet. Aus Stasi-Berichten ist belegt, daß Syrien Weinrich und andere Mitglieder der Gruppe mit Diplomatenpässen ausstattete. Die syrische Botschaft in Ost-Berlin war zudem aufgefordert, der Gruppe „jegliche mögliche Hilfe“ zu leisten. Für die bis heute andauernde Unterstützung der syrischen Regierung spricht nach Beobachtung der BKA-Beamten auch, daß Carlos und Weinrich Fahrzeuge der syrischen Behörden mit austauschbaren Nummernschildern fahren. Gerd Nowakowski