Rote (Platz-)Karte für die Kicker

■ Die Amateure im Fußball stöhnen auf: Den Freizeitvereinen bleiben immer weniger Spielstätten für die schönste Nebensache / Bezirk Mitte ohne Fußballplatz

„Im Verein ist Sport am schönsten“, werben die deutschen Sportverbände in einer Anzeigenkampagne, und vergnügte Menschen jeden Alters werden gezeigt. Weniger vergnüglich ist dagegen die tatsächliche Situation der Amateur-Fußballvereine. Ob Kreisliga oder Amteur-Oberliga, vielfach beklagen die Vereine den Mangel an Trainings- und Spielflächen.

Der FC Türkiyemspor aus Kreuzberg ist seit Jahren einer der erfolgreichsten Klubs in der Amateur-Oberliga, doch fast seit einem Jahr fehlt ein eigener Trainingsplatz für das Oberliga-Team. Da Amateure in der Regel tagsüber ihrem Beruf nachgehen müssen, kann das Training nur nach dem Feierabend stattfinden. Viele Plätze verfügen aber nicht über eine Flutlichtanlage.

Nur den guten Kontakten des Türkiyemspor-Trainers Thomas Grunenberg zur Polizei verdankt es der Verein, das über die Wintermonate ein halbwegs geregelter Trainingsbetrieb möglich war. Grunenberg, im Hauptberuf Polizeisportlehrer, verschaffte der Mannschaft Trainingszeiten auf einem Polizeiplatz in Ruhleben.

Ende letzten Jahres schien sich eine Lösung anzubahnen. Mit dem Reinickendorfer Verein Wacker 04 wurde eine Einigung über die gemeinsame Nutzung des Platzes im Norden erzielt, aber das Bezirksamt untersagte die Doppelbelegung aus Angst um den Rasen.

Seit Januar hat Türkiyemspor einen Trainingsplatz und zahlt dafür auch die Miete. Allerdings besitzt der Nebenplatz des gerade sanierten Jahnsportparks, der vom Sportamt des Senats betrieben wird, einen kleinen Nachteil – der Rasen ist in einem derart schlechten Zustand, daß an Fußball nicht zu denken ist. So trainieren die Spieler weiterhin bei der Polizei, und eine endgültige Lösung läßt auf sich warten.

Der Marzahner SV besaß hingegen bis vor kurzem einen gut gepflegten Rasenplatz. Erst 1990 war die gesamte landeseigene Anlage an der Walter-Felsenstein-Straße renoviert und vom Verein unter großen Mühen ein Vereinsheim errichtet worden. Inzwischen spielen und trainieren 22 Mannschaften auf zwei Plätzen, wobei das Sportamt stets darauf bedacht war, den Rasen vor allzu starker Benutzung durch Kicker zu schützen.

Weniger schützenswert schien dem Sportamt der Rasen zu sein, als ein Veranstalter eine Automobil- und Tourismus-Ausstellung auf der Spielfläche ausrichten wollte. So kamen die MarzahnerInnen kürzlich in den einmaligen Genuß, Luxuskarossen wie Lotus, Ferrari und Lamborghini zu bewundern. Leider hinterließen die Sportwagen deutliche Reifenspuren im Grün, der Spielbetrieb mußte daraufhin für den Rest der Saison ausgelagert werden.

Die Nase voll haben inzwischen die Mitglieder von Blau-Weiß Berolina Mitte. Der Verein, dessen Heimat ursprünglich das den Olympia-Plänen zum Opfer gefallene Stadion der Weltjugend war, mußte jetzt auch seine neue Heimat in der Auguststraße in Mitte verlassen. Anfang Januar ließ das Bezirksamt den Platz aufreißen, bis zum Mai sollte eine Kunstrasenfläche angelegt werden. Nun ruhen die Bauarbeiten, „im gesamten Bezirk Mitte gibt es keinen Fußballplatz mehr“, beklagt Peter Klein, stellvertretender Vorsitzender von BW Berolina Mitte. Das Training findet nun auf einem Platz in der Konrad-Bengler- Straße in Friedrichshain statt.

Zu weit, befanden viele Eltern und meldeten ihre Kinder ab. „Zwei unserer fünfzehn Nachwuchsmannschaften mußten seitdem ihren Spielbetrieb einstellen“, sagt Peter Klein.

Am Samstag rufen die Mitglieder des Vereins nun zu einer Demonstration auf, um die schnelle Instandsetzung ihres Platzes zu erreichen. Am ramponierten Platz in der Auguststraße soll es um 9.30 Uhr in Richtung Alexanderplatz losgehen. Ab 11 Uhr werden die Kleinstes der Vereins-Kicker dort ein Fußballspiel austragen. Ob auf dem harten Asphalt Sport im Verein schön ist, darf angezweifelt werden. Andreas Pfahlsberger