■ Standbild: Das Böse steckt im Telefon
„Das gläserne Haus“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD
„Heute nacht holen wir dich“, säuselt eine androgyne Stimme in die Muschel und meint die Arztgattin Claudia (Katja Riemann). Sie ist mit ihrem Mann Murath Tehrani (Hansa Czypionka) gerade in ein Anwesen gezogen, das, wie sie selbst kleinmütig zugeben, „viel zu schön, zu groß, zu teuer“ ist.
Das Böse ist ein Neutrum. Es spukt in den Köpfen muffiger Ossis, die dem Anästhesisten iranischer Abstammung weder die blonde Frau noch die gläserne Veranda gönnen. Es sitzt am Stadtrand von Leipzig, irritiert, daß das deutsche Zivilisationsangebot dem Perser teilhaftig wurde, und wartet nur darauf, Badezimmerspiegel zu besudeln und Teddybären den Kopf abzuhacken.
In unbekümmerter Indifferenz verkuppelt der ostdeutsche Regisseur und Drehbuchautor Rainer Bär die Nörgelei gesichtsloser Motzkis mit programmatischem Futterneid und Fremdenhaß. Doch die hier auf rein östlichem Nährboden gezogene Brut bleibt nur ein unscharfes Monster, das sich mit dem deutschnationalen Nachbarn Stock (Vadim Glowna) eine besonders schwammige Gestalt für die Inkarnation gewählt hat. Daß Stocks finstere Wohnung von Schwärmen ausgestopfter Vögel bevölkert wird, verrät das eigentliche Interesse der Regie: Eine Gruselgeschichte sollte es werden, in der wir mit der schwangeren Claudia paralysiert auf die Attacke des faschistischen Etwas warten, das irgendwo im Vorgarten lauert. Wenn es nicht gerade anruft.
Denn das Böse kommt per Telekom. Den Mund stets vorab zum Schrei geöffnet, schleicht die blasse Freu immer wieder dem giftig klingenden Telefon entgegen und suggeriert vorfreudigen Horrorfans, es handele sich um eine verzauberte Kettensäge. Carpenter-Klänge schwelen dazu hintergründig und permanent. Ein ums andere Mal läßt sich die Kamera durch Effekte aus Standardeinstellungen amerikanischer Thriller korrumpieren. Zittrig klettert sie die Treppe zum Kinderzimmer hoch, schwenkt bei blutverschmierten Gesichtern pietätvoll weg oder harrt auf Kinderaugenhöhe unschuldig des Übels.
Der Terror ist bei Rainer Bär ein gleichgültig kalkuliertes Konstrukt, das auch mit der Klärung des Whodunit nicht schlüssiger wirkt. Ihn fesselt weibliche Hysterie. Das Thema Ausländerhaß benutzt er lediglich als Außenreiz. Birgit Glombitza
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