Unterm Strich

Hätten Sie's gewußt? Na, wahrscheinlich geahnt, aber jetzt ist es eben amtlich: In Neujahrsansprachen von Helmut Kohl kommen am häufigsten die Wörter „danken“ und „grüßen“ vor. Der Sprachwissenschaftler Ulrich Püschel hat gestern auf der 30. Jahrestagung des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim eine Art paradigmatische Kohl-Gruß-Dank- Rede aus Zitaten zusammengeschnitten: „Dafür möchte ich Ihnen allen herzlich danken. Ich grüße unsere Landsleute im anderen Teil Deutschlands. Ich sende meinen Gruß an alle Landsleute überall in der Welt. Ich grüße voller Dankbarkeit unsere älteren Mitbürger. Mein herzlicher Gruß gilt (aber auch) den Jungen. Mein Dank gilt unseren Soldaten und den Zivildienstleistenden. Ich grüße die Gastarbeiter und ihre Familien.“ Tja, das ist er, der zwar nachahmliche, aber unglossierbare Kohlsche O-Ton, in sich perfekt, stimmig, klassisch. Helmut Schmidt kommt da nicht ran, wie ein Kurzvergleich im Rahmen von Püschels Referat „Vom praktischen Umgang mit Stil“ ergab. Schmidt habe sein Publikum angerdet mit „Meine Damen und Herren“, Kohl dagegen sage „Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger“. Schmidt habe knapp angeredet, indem er sich einer „Minimalformel“ bedient habe, Kohl spreche ausführlicher an, indem er zwei Routineformeln miteinander kopple und außerdem noch die erste mit „sehr verehrte“ ausbaue, so Püschel.

Durchhalteparolen auf der Leipziger Buchmesse. Trotz unübersehbarer Drangsalierung durch die elektronischen Medien bleibe das Buch „konkurrenzlos“, predigte der Messegeistliche, Herr Ministerprsdt. Bernhard Vogel. Mehr noch, die Buchmesse sei ein „Zeichen des geistigen Aufbruchs“ (erzählen sie immer, wenn's sonst nix mehr zu beschwören gibt). Auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels wollte sich sloganmäßig nicht lumpen lassen und steuerte „Bücher sichern Zukunft“ bei, wohinter sich eine bundesweite Kampagne verbirgt, die u.a. von der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände, der Deutschen Literaturkonferenz und der Stiftung Lesen mitgetragen wird. Durch nicht näher konkretisierte Aktionen soll die Bedeutung der „Kulturtechnik Lesen“ erneut bewußt gemacht werden. Nebenprodukt ist eine kleine Untersuchung, die der alten Rede vom „Leseland DDR“ neuen Stoff gibt. Angeblich gibt es in Ostdeutschland mehr „Leseratten“ als in der ABR, das Verhältnis liegt bei 51 zu 42 Prozent.

Weil es aber auch andere sinnvolle Dinge im Leben zu tun gibt, lädt die Deutsche Stiftung Denkmalschutz zum Wettbewerb „Rock'n Ruins“ auf, der gerade (und noch bis zum Sonntag) auf der Internationalen Musikmesse in Frankfurt detailgetreu vorgestellt wird. Aufschluß gibt aber auch schon ein Fax, in dem Hans Dietrich Genscher das Wort ergreift: „Die Musik ist das Medium der Jugend“, honeckert er, „unter