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High-Tech für Anfänger

■ „Moskau ist dran“: Bescheiden präsentiert sich eine russische Firma mit Satelliten

Auf der Computer-Protzmesse CeBit sind bescheidene und glitzerfreie Stände wie dieser fast eine Ausnahme. Zwei kleine hellrote Telefone, ein paar Wandtafeln und Plakate, etwas klobig wirkende Computer, ein gelber Fernsprecher und eine große weiße Antennenschüssel mit der Überschrift CROSNA. In einem der beiden Fernseher, die an die Empfangsanlage angeschlossen sind, läuft ein russisches TV-Programm. „Ihr seid doch alle noch von Gorbatschows Politik versaut“, sagt der bekannte russische Rechtsextremist Schirinowski auf dem Bildschirm und schickt seine Gesprächspartner zum wiederholten Male zum Teufel. Ein Mann lacht auf: „So ein Spinner! Wie der wieder rumhüpft...“

Dabei hat Oleg Afonin selber dafür gesorgt, daß Schirinowskis Stimme durch die Halle tönt. Der stellvertretende Generaldirektor des russischen Konzerns CROSNA brachte zusammen mit fünf Kollegen das russische Fernsehen nach Hannover. Im Westen nicht unbekannt, tritt CROSNA auf der CeBit zum ersten Mal auf. Bei der Schilderung der technischen Details bei dieser Satellitenübertragung gesteht Afonin plötzlich: „Ach, wissen Sie, ich verstehe auch wenig davon. Die reine Technik machen die anderen.“ Seine Sache sei hier die Kommerzia, also Gespräche und Geschäftsabschlüsse. Über Verhandlungen muß der 38jährige Russe genug wissen: Bevor er bei CROSNA anfing, arbeitete er beim Außenministerium Rußlands und war gar Konsul in Italien. Als Jurist kann er jetzt seiner Firma, die auf Telekommunikationssystemen spezialisiert ist, sehr nützlich sein.

Die Russen verstehen sehr wohl, daß sie mit ihren Satellitenschüsseln, die im übrigen nur zwei Programme empfangen können, hier im Westen keinen Geschäftsmann und Kunden vom Hocker reißen können. Natürlich seien ihre Geräte vergleichsweise schlicht und unkompliziert, geben sie offen zu. Doch genau hier sehen die CeBit-Teilnehmer aus dem Osten ihre Chance. Dank der einfachen Bauart seien ihre Antennen doppelt so billig wie die westlichen. Und da sie direkt auf Satelliten aus der Heimat spezialisiert sind, sollen die zeitraubenden Einstellungen bei dem Käufer entfallen.

„Wir selber haben bei der Aufstellung der Schüsseln vor der Halle aber viel geschuftet – aus einem anderen Grund“, sagt Oleg Afonin. Zu Hause stünden sie direkt auf dem Boden, und niemand beschwere sich. „Hier kommt eine deutsche Behörde und verlangt, daß wir die auf 1,5 Meter hochheben, wegen der Strahlung. Oh, dieser deutsche Pedantismus!“ Bei der Erinnerung, wie er stundenlang im Schnee und Regen eine Plattform baute, lacht Afonin herzlich. Das Sturmwetter in Hannover diese Tage scheint aber auch das einzige zu sein, was ihm die Stimmung auf der Messe vermiesen kann.

Er hofft auf gute Geschäfte, die zumindest die Teilnahmekosten der Firma – gute 150.000 Mark – decken werden. „Hier gibt es genug Aussiedler und interessierte Deutsche, die unsere Fernsehprogramme sehen wollen“, erläutert der Russe. Wenn er diese Worte sagt, schwingt der typisch russische Optimismus in seiner Stimme. Das rote Telefon bimmelt leise: Moskau ist dran. Alexei Makartsev

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