Polizei in Redaktion

■ Tageszeitung „Junge Welt“ wegen RAF–Papieren durchsucht

Berlin (taz/AP) – Die Redaktionsräume der Ostberliner Zeitung „Junge Welt“ sind gestern im Zusammenhang mit dem vor wenigen Tagen bei ihr eingegangenen Brief der Roten Armee Fraktion durchsucht worden. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe bestätigte, ordnete sie die Aktion an, um das Original des achtzehn Seiten umfassenden Schreibens zu beschlagnahmen. Durchsucht wurde auch die Wohnung eines Redakteurs. Der Brief komme als Beweismittel in Betracht, sagte Behördensprecher Hans-Jürgen Förster. Die Redaktion der Zeitung protestierte gegen Durchsuchung und Beschlagnahme, die sich „unrühmlich in die Kette von Angriffen auf die bundesdeutsche Pressefreiheit“ einreihe.

Die Aktion stehe dem gesetzlichen Schutz von Journalisten und Redaktionen vor Beschlagnahme nicht entgegen, erklärte dagegen der Behördensprecher. Die Abfassung des RAF-Schreibens und seine Übersendung an die Zeitung sei „Ausdruck der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der terroristischen Vereinigung ,RAF‘. Mithin ist das Schreiben durch eine Straftat hervorgebracht und zur Begehung einer Straftat gebraucht worden, unterliegt also wie andere Beweismittel der Beschlagnahme.“ Die Zeitung erklärte, der für das Thema zuständige Redakteur habe in Absprache mit seinem Ressort von dem Recht Gebrauch gemacht, potentielle Informanten zu schützen, und sich geweigert, das achtzehnseitige Papier herauszugeben. Die Beamten hätten einer Fotografin der Zeitung verweigert, die Durchsuchung zu dokumentieren. Auch die Bitte, einen Anwalt hinzuziehen zu dürfen, wurde den Angaben zufolge ignoriert. Vor der Aktion seien die Redaktionstelefonleitungen für mehr als eine Stunde blockiert gewesen. In dem Brief hatte die RAF eine Mitgliedschaft des an Bad Kleinen beteiligten V-Mannes Klaus Steinmetz dementiert und erklärt, dieser hätte auch keine Kenntnis von geplanten RAF-Aktionen wie etwa dem Anschlag auf den Gefängnisneubau von Weiterstadt haben können. wg