Knospen der Hoffnung

■ Iranisches Nouruz-Fest im Museum für Völkerkunde

Zwei festlich gekleidete Kinder breiten ein großes, weißes Tischtuch auf den Stufen im Museum für Völkerkunde aus. Sie stellen verschiedene Gegenstände darauf, die alle eine ganz bestimmte symbolische Bedeutung haben: Ein munter schwimmender Fisch im Glas bedeutet Leben, Kerzen stehen für Helligkeit und Wärme, Äpfel für Gesundheit, Essig für Fröhlichkeit. „Diese Tafel ist Teil des Nouruz Festes, wie es im Iran gefeiert wird“, erklärt Initiator Mojtaba Shamsrizi.

Im Foyer des Völkerkundemuseums - vor der architektonischen Kulisse eines mit Marmor und Säulen verkleideten Eingangs im römischen Stil - wurde am Freitagabend vor ungefähr 200 Zuschauern Nouruz zelebriert. Mojtaba Shamsrizi wollte damit den Hamburgern die Kultur seines Landes näherbringen. „Es gibt im Iran auch etwas anderes als Krieg, Fanatismus, Folter und Tod.“ In den Hamburger Bibliotheken hatte er vier Wochen lang vergeblich Bücher über Nouruz gesucht.

Das Nouruzfest hat eine jahrtausende alte Tradition. „Es leitet im Iran am 21. März, dem ersten Tag des iranischen Sonnenjahres, das neue Jahr ein“, heißt es im Programmheft. Das persische Wort „Nouruz“ bedeutet wörtlich „Neuer Tag“. Gefeiert wird er auch in Teilen Pakistans, Indiens, im Irak, Syrien und Ägypten. „Nouruz wird von allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit begangen und wurde aus vorislamischen Traditionen übernommen.“

Doch mit dem Fest wird nicht nur der Frühling begrüßt. „Es erblühen auch Knospen der Hoffnung, Knospen der Freiheit“, sagt Mojtaba Shamsrizi. Insoweit ist Nouruz ein politisches Fest. Entsprechend wird es im kurdischen Gebiet der Türkei unter dem Namen „Newroz“ als Nationalfeiertag und Unabhängigkeitstag begangen.

Der musikalische Rahmen des Nouruz Festes im Völkerkundemuseum war gegensätzlich und höchst abwechslungsreich. Die Gruppe „Blumenpflücker“ - der Name verweist darauf, daß die Männer die Töne von ihren altiranischen Instrumenten wie wunderbare Blumen pflücken - trug traditionelle Lieder vor. Musik, melodisch wie die Ausrufe des Iman vom Minarett - und doch nicht eigentlich fremd, sondern überraschend vertraut.

Sina Vodjdani verband dagegen die überlieferten Rhythmen der iranischen Tradition mit den modernen Klängen seines Synthesizers. Dabei wurde zugleich die Ursprünglichkeit der Musik neu entdeckt und ging erstaunlicherweise auch nicht verloren. Das Publikum war begeistert und klatschte die „Blumenpflücker“ zu einer Zugabe heraus.

In der Pause wurde iranisches Essen mit Gemüse serviert: Blumenkohl, Spinat, Kartoffeln und Möhren sauer eingelegt oder gedünstet, dazu zwei cremige Saucen. Sehr, sehr lecker. Die Gäste mischten sich an den Tischen und plauderten freundlich miteinander. Völkerverständigung im Museum für Völkerkunde: Eine gelungene - lehrreiche und unterhaltsame - Veranstaltung, wie es in Zukunft hoffentlich noch viele in Hamburg geben wird.

Torsten Schubert