Multikultimusikonzi

■ Eine Publikumsshow zur Bremer Ethnorockband „Nagara“ im Lagerhaus

Manchmal stiehlt das Publikum der Band die Show - am Freitag waren im Lagerhaus tatsächlich die zahlenden BesucherInnen spektakulärer als die Musiker. Denn solch ein breites Spektrum an ZuhörerInnen ist bei einem Konzert geradezu sensationell: Babies wurden herumgetragen, ältere Damen lauschten der lauten Musik auf Stühlen, die extra für sie neben dem Mischpult aufgestellt wurden. Viele junge orientalische Frauen feierten die Musiker direkt vor der Bühne, während ein gesetzter deutscher Herr weiter hinten in wilde Tanzschritte ausbrach und dabei von einem Schoßhündchen angekläfft wurde. Ein ganz erstaunliches Gemisch von Nationalitäten, Generationen und Kulturen spiegelte sich in diesem Publikum – eine bessere Bestätigung hätte sich die Band Nagara gar nicht wünschen können.

Denn die Gruppe entstand als Projekt des Kulturvereins „Ein Haus für die Freundschaft“ aus dem Versuch heraus, in Bremen ansässige Musiker verschiedener Nationalitäten zusammenzubringen und ihre verschiedenen Musikstile zu einem Gruppensound zu verschmelzen. Keine so ganz neue Idee, zugegeben – und „Weltmusik“ kommt einem bald schon wieder aus den Ohren heraus, aber die sechs Musiker von Nagara beweisen, daß die altbekannte Formel immernoch für einige gute Songs und Arrangements gut ist.

Kurdisch-türkische Lieder sowie Melodien aus Griechenland und Aserbaidschan sind die Basis ihrer Musik – gesungen und gespielt von dem Kurden Cemal Kocas mit der Saz (einem lautenähnlichem Saiteninstrument) und der griechischen Sängerin und Akkordeonspielerin Parressa Daniilidou. Diese Volksweisen und Eigenkompositionen wurden von den vier westlichen Musikern der Band mit den gängigen Elementen der Pop- und Rockmusik garniert: mit Gitarren – und Saxophonsoli, Reggae-rhythmen oder Bluesstimmungen.

Da gab es interessante Wechsel und Mischungen – besonders der klagend hohe Gesang von Kocas gab einen interessanten Kontrast zum durchgängig rockigen Beat von E- Bass und Schlagzeug. Die westlichen Musiker Rainer Appel (drums), David Jehn (bass), Fritz Knebel (git) und Klaus Fey (sax) paßten sich sehr wendig und phantasievoll den orientalischen Melodien und Stilformen an – vielleicht ein wenig ordentlich und konventionell, aber offensichtlich mit viel Neugierde und Spielfreude.

Willy Taub