■ In Kambodscha stehen die Roten Khmer vor dem Ende
: Überlebenskampf der Massenmörder

Noch ist die Nachricht aus dem kambodschanischen Verteidigungsministerium in Phnom Penh nicht bestätigt, wonach Regierungstruppen das Hauptquartier der Roten Khmer in Pailin erobert haben und auch halten können. Die heftigen Kämpfe im malariaverseuchten Gebirgsdschungel an der Grenze zu Thailand sind jedoch für die Kämpfer Pol Pots in jedem Fall zu einer Entscheidungsschlacht geworden. Und wären die maoistischen Massenmörder, unter deren Herrschaft in den siebziger Jahren rund eine von sieben Millionen Kambodschanern den Tod fand, aus ihrer wichtigsten Bastion vertrieben, wäre auch das größte Hindernis auf dem langen Weg zum Frieden in Kambodscha endgültig aus dem Weg geräumt.

Die Schlacht um Pailin, die Ende vergangener Woche mit einer Offensive von siebentausend Soldaten der Regierungstruppen eingeleitet wurde, hat nicht nur militärische und symbolische, sondern vor allem wirtschaftliche Bedeutung. Die Beherrschung der Region um die vollkommen zerstörte Stadt sicherte den Roten Khmer ihre entscheidende Finanzquelle. Nachdem die vietnamesischen Besatzungstruppen 1989 ihre Stellungen in Pailin an die kambodschanischen Regierungstruppen übergeben hatten, eroberten die Roten Khmer den Ort im Handstreich. Mit der Ausbeutung der größten Rubinvorkommen Südostasiens und der Abholzung des wertvollen Regenwaldes konnten die Roten Khmer seitdem ihre Kriegskasse mit Millionen von Dollar füllen. Nachdem sie ihre Unterstützung durch China und den Westen verloren hatten, weil sie den von der UNO überwachten Friedensprozeß nachhaltig torpediert hatten, waren dies die entscheidenden Ressourcen der Truppen, die noch immer vom berüchtigten Pol Pot und seinen für den beispiellosen Massenmord verantwortlichen Genossen kommandiert werden.

Daß die Roten Khmer ihrem überfälligen Ende entgegengehen, hat sich bereits Anfang vergangenen Jahres angedeutet. Sie machten den entscheidenden Fehler, die von der UNO organisierten Wahlen zu boykottieren und sich aus den Gremien der Übergangsregierung, in denen sie ungeachtet ihres mörderischen Tuns vertreten waren, zurückzuziehen. Sie demonstrierten damit, daß sie an einer Demokratisierung kein Interesse haben, sondern weiterhin vor allem die Sprache der Gewalt sprechen. Sie haben sich damit selbst isoliert und nicht verstanden, daß die Kambodschaner nach dreißig Jahren brutalen Bürgerkriegs nur eines wollen: endlich Frieden. Der ist jetzt in greifbare Nähe gerückt. Michael Sontheimer