■ Der UN-Sicherheitsrat verurteilte das Hebron-Massaker
: Trickreiches Procedere

Drei Wochen hat es gedauert, bis die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates sich auf eine Resolution zur Verurteilung des Massakers in Hebron verständigen konnten. Bis zuletzt mußte damit gerechnet werden, daß die USA von ihrem Vetorecht Gebrauch machen und damit die gesamte Resolution zu Fall bringen würden. Grund war die Erwähnung Ost-Jerusalems als Teil der besetzten Gebiete, wo folglich ebenfalls die Vierte Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung unter Besatzung zu gelten habe. Indem der Text schließlich Satz für Satz abgestimmt wurde, konnten sich die USA passagenweise der Stimme enthalten. Mit diesem trickreichen Procedere wurde nicht nur die „einmütige“ Abstimmung gerettet, sondern der Nahostfriedensprozeß insgesamt.

Das wochenlange diplomatische Tauziehen war letztlich dem US-internen Dissens darüber geschuldet, wie sich das Verhältnis zum wichtigsten Bündnispartner im Nahen Osten in Zukunft gestalten soll. Die Frage war, wie weit man sich von den alten Paradigmen im Umgang mit Israel entfernen kann. Mehr denn je bestand dabei für die USA die Gefahr, einen der großen Erfolge ihrer Außenpolitik zu verspielen.

Doch auch die übrigen, einstimmig angenommmenen Absätze der Resolution tragen die Spuren dieses Konfliktes. Und es sind just diese Passagen, die von unmittelbar praktischer Bedeutung sind. Die Nahostverhandlungen, so hat das Massaker in Hebron gezeigt, können nicht länger gegen die wirkliche Lage in den besetzten Gebieten abgeschottet werden. Das gilt nicht nur für den Inhalt der israelisch-palästinensischen Verhandlungen, sondern für die Möglichkeit des Dialogs selbst. Israels Außenminister Schimon Peres hat es unter dem unmittelbaren Eindruck des Massakers selbst gesagt: „Wir brauchen Jassir Arafat.“ Mit jedem Palästinenser, der in den besetzten Gebieten von Soldaten oder von Siedlern erschossen wird, nimmt Arafats Autorität unter den Palästinensern weiter ab. Die Gefahr seines Sturzes war in den letzten Wochen sehr nahe.

Vor allem der Abschnitt über eine „zeitlich begrenzte internationale oder ausländische Präsenz“ in den besetzten Gebieten erweist sich bei näherem Hinsehen als schlecht getarnte Rücksichtnahme auf israelische Unnachgiebigkeit. Mit der Forderung nach UN-Wachen in den gesamten besetzten Gebieten hatte die PLO-Spitze versucht, den Schutz der palästinensischen Bevölkerung wirklich zu verbessern. Diese Forderung war außerdem die einzige Möglichkeit, den sogar in Arafats Fatah immer lauter werdenden Rufen nach einem Abbruch der Autonomiegespräche und einer Aufkündigung des Osloer Abkommens entgegenzutreten. Die UN-Resolution kommt diesem Verlangen jedoch nicht nach. Indem die Präsenz von Beobachtern im Resolutionstext mit dem Zusatz versehen wurde: „wie in der Grundsatzerklärung vorgesehen“, wird sie nicht für die gesamte Westbank, sondern eigentlich nur für die Teilautonomiegebiete Jericho und Gaza-Streifen verlangt. Doch das Massaker wurde nicht dort, sondern in Hebron begangen. Es könnte sich jederzeit wiederholen. Nina Corsten