PLO skeptisch über neue UNO-Resolution

■ UN-Sicherheitsrat fordert Maßnahmen zum Schutz der Palästinenser

Tunis (taz) – Auf die am Samstag erfolgte Verabschiedung der lange erwarteten UN-Resolution zum Massaker in Hebron hat die PLO mit einer Mischung aus Skepsis und Zustimmung reagiert. Während Jordanien, der Libanon und Syrien eine Wideraufnahme der Nahostgespräche zusicherten, hielten die Diskussionen am PLO- Hauptsitz in Tunis gestern noch an. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so eine Presseerklärung der PLO, „entscheidend wird aber sein, daß die Resolution praktisch durchgesetzt wird. Es müssen konkrete Maßnahmen zum Schutz der Palästinenser in den besetzten Gebieten getroffen werden.“

Die Resolution des UN-Sicherheitsrates verurteilt das Massaker, das ein israelischer Siedler vor etwas über drei Wochen in einer Moschee in Hebron beging. Dabei und während anschließender Auseinandersetzungen wurden rund fünfzig Palästinenser getötet und Hunderte verletzt. In der Resolution 904, die Satz für Satz abgestimmt wurde, fordert der UN-Sicherheitsrat Israel auf, sich als Besatzungsmacht im Gaza-Streifen und in der Westbank – einschließlich Ost-Jerusalems – an Artikel 4 der Genfer Konvention zu halten. Bei diesem Passus enthielten sich die USA der Stimme, ebenso wie bei einem einleitenden Absatz, in dem auf den Zusammenhang zwischen dem Massaker und den anschließenden Unruhen in den besetzten Gebieten verwiesen wird. Israel müsse für einen entsprechenden Schutz der dortigen Zivilbevölkerung sorgen, heißt es weiter. Gefordert wird die Beschlagnahme von Waffen, „um illegale Gewaltakte von Siedlern zu verhindern“; außerdem wird eine „zeitlich begrenzte internationale oder ausländische Präsenz wie im Grundsatzabkommen vorgesehen“ verlangt, um „den Schutz palästinensischer Zivilisten in dem gesamten besetzten Gebiet zu garantieren“ – eine zweideutige Formulierung, da sich im Osloer Grundsatzabkommen der Passus über die internationale Präsenz lediglich auf die geplanten Teilautonomiegebiete Gaza-Streifen und Jericho bezieht.

Obwohl die Resolution einigen Forderungen der PLO nachgekommen ist, lehnt es die palästinensische Führung in Tunis bislang strikt ab, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die PLO verlangt, daß zuerst die 500 israelischen Siedler in Hebron in andere jüdische Siedlungen der Westbank umquartiert werden und bewaffneten Siedlern der Zutritt zu palästinensischen Wohngebieten untersagt wird. In den Teilautonomiegebieten und im Stadtgebiet von Hebron müßten außerdem palästinensische Polizeieinheiten und bewaffnete internationale Einheiten stationiert werden.

Die bisherige Antwort Israels darauf lautet „Nein“. Gleichzeitig betont die Regierung Rabin ihre Bereitschaft, über die Realisierung der UN-Resolution zu verhandeln. „Wir kennen das zur Genüge“, sagt ein hoher PLO-Funktionär in Tunis, „immer wenn die Gespräche in einer Sackgasse waren, wollen die Israelis das am Verhandlungstisch erörtern. Geändert hat sich anschließend nie etwas.“

Über zahlreiche Gespräche, in denen US-Diplomaten während der letzten Wochen versuchten, die PLO wieder an den Verhandlungstisch zu bekommen, sagte der PLO-Mitarbeiter: „Die israelische Position wurde von den USA massiv unterstützt. Indem sie die Verabschiedung der Resolution über zwei Wochen lang blockierten, versuchten sie, Jassir Arafat unter Druck zu setzen. Die Delegationen aus den USA waren israelischer als die Israelis selbst.“ Erzürnt ist man in Tunis auch über die Art, in der die Abstimmung vonstatten ging. „Für die Clinton-Administration sind die Westbank und der Gaza- Streifen keine besetzten, sondern nur mehr ,umstrittene‘ Gebiete. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Nahostkonflikts, daß die USA eine solche Position einnehmen. Das wird ihren Ruf als Vermittler weiter beschädigen.“

Dennoch ist am Wochenende eine vierköpfige israelische Delegation nach Tunis gereist, um mit der PLO über eine schnelle Wiederaufnahme der Nahostverhandlungen zu sprechen. Es wird dabei vor allem um die Frage der „internationalen Präsenz“ und des zukünftigen Umgangs mit den Siedlern gehen. Aus Israel verlautete am Wochenende, daß man neben der Entwaffnung einzelner Siedler bislang lediglich an die Umsiedlung der Siedler innerhalb Hebrons denkt. Unter „internationaler Präsenz“ stellt man sich bislang eine Stationierung von Mitgliedern des Roten Kreuzes vor. Diese Vorschläge hat die PLO bereits abgelehnt. Khalil Abied