Hundert Prozent...

■ ... stur Heil vollauthentisch: Rock'n'Roll-Mythos B.B. King gastierte mit seinem Standardrepertoire in Hamburg

Das Publikum war erwartungsfroher und langhaariger als sonst an dieser Stätte, aber mindestens so gut gefönt. Leichte Entweihungen stehen der Musikhalle bekanntlich ja ganz gut. Am Montagabend strahlte sie wie der Festsaal eines Grand Hotels: auf der Bühne ein veritables Orchesterchen aus livrierten Herren, die zunächt anderthalb Stücke lang ohne Chef klarmachen durften, daß hier gutgeschultes Personal mit dem Tafelsilber hantiert.

Dann trat B.B. King ins Rampenlicht und hatte schon gewonnen. Ganz einfach, weil der 68jährige aus dem Mississippi-Delta das, was man sich unter einer lebenden Blues-Legende vorstellt, zu schillernden hundert Prozent verkörpert. Tiefschwarz die Grundierung, in allen Regenbogenfarben die Pointen - so heizte der Meister durch ein todsicheres Standardrepertoire.

Auch wenn dieser sturheil inszenierte Ritus mehr auf Showbiz-Zauber beruht als auf Magie, musikalisch geht er als vollauthentisch durch. Da ist B.B.'s Stimme und da ist seine Gitarre Lucille, deren Sound tatsächlich noch immer als Mutter der allermeisten Klampferträume weltweit durchgehen kann. B.B. ist ein König, der sein Volk, das heißt alle seine Untertanen liebt, also dich und mich und auch George Bush.

Leicht unheimliche Posen kurz vor dem Finale: Über dem gospelverbrämten Stakkato der Band signierte der King sein weltberühmtes Konterfei auf Star-Fotos und verteilte diversen Devotionalienklunker - waren Schwarz und Weiß nun wieder quitt? Na, wer drin im pleasuredome nicht bedacht worden war, konnte sich draußen am Reliquienstand im Foyer eindecken oder holte sich in Gottes Namen halt nachher ein Schaschlik auf dem Heiligengeistfeld.

Andreas Schäfler