Vulkan-Verbund: per Fusion zur Teilung

■ Atlas Elektronik und Systemtechnik Nord zum zweitgrößten Bremer Unternehmen verknüpft

Die Bremer Klöckner-Hütte mit ihren gut 4.000 Beschäftigten ist seit gestern nicht mehr Bremens zweitgrößter industrieller Arbeitgeber. Mit der Zusammenlegung der Geschäftsführungen und Aufsichtsräte sind die beiden Vulkan-Verbund-Unternehmen Atlas-Elektronik (AE) und Systemtechnik Nord (STN) gestern de facto fusioniert und damit nach Mercedes auf Platz zwei der Bremer Industrieunternehmen aufgestiegen. Zusammen beschäftigen AE und STN gut 6.000 MitarbeiterInnen, knapp 4.500 davon in Bremen.

Die Zusammenlegung soll nach dem Willen des Vulkan-Verbund-Chefs Friedrich Hennemann lediglich der erste Schritt zu ihrer späteren Aufteilung in vier unabhängige GmbHs sein. Darüber konnte gestern allerdings keine Einigkeit mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat gefunden werden. Die neue Geschäftsleitung von AE-STN soll nun bis zum 30. Juni ein tragfähiges Konzept für die Neustrukturierung des Krisen-Unternehmens erarbeiten.

Mit der Zusammenlegung hat der Vulkan-Verbund zunächst einer Forderung der Gewerkschaften IG Metall und DAG entsprochen. „Die Entscheidung war weise, konstruktiv und dem Ernst der Lage entsprechend“, lobte denn auch Hartmut Frensel, DAG-Bezirksleiter und Aufsichtsrat bei AE wie bei STN, nach der Sitzung. Keinen Erfolg hatten die Gewerkschafts-Vertreter allerdings mit der Durchsetzung der restlichen Forderungen ihres Fünf-Punkte-Programms. So weigerte sich Vulkan-Chef Hennemann insbesondere, eine Arbeitsplatzgarantie für die beiden Unternehmen der kriselnden Rüstungsbranche abzugeben. Und auch die Gewerkschaftsforderung nach Standortsicherung in Bremen, Besitzstandswahrung für alle Beschäftigten und eines Kapazitätsausgleichs zwischen AE und STN blieben vorerst unerfüllt.

AE und STN, die beide nach eigenen Angaben zu 60 Prozent von Rüstungsaufträgen abhängig sind, sind vor allem durch die Stornierung von Marine-Aufträgen der Bundeswehr bedroht. Von ihrer Aufspaltung in vier kleinere GmbHs erhofft sich der Vulkan-Verbund den Einstieg internationaler Kooperationspartner, über die dann auch Rüstungsexporte in Länder abgewickelt werden könnten, die für die deutsche Industrie bisher tabu sind.

Die Gewerkschaften sehen dagegen die Gefahr, daß es zu einem Mehrheitsverkauf der Bremer Unternehmen und damit womöglich zu umfangreichen Entlassungen oder sogar Betriebsaufgaben kommt. Sie wünschen sich statt der formalen Aufsplitterung der gerade erst fusionierten Unternehmen lieber die innerbetriebliche Umorganisation in Form verschiedener „Profit-Center“. Obwohl AE-Chef Triebold bisher keine Neigung in diese Richtung gezeigt hat, wollen die Gewerkschaften auch weiterhin für ihre Idee kämpfen, so zum Beispiel am 19. April, wenn der gemeinsame AE-STN-Aufsichtsrat zu seiner nächsten Sitzung zusammenkommt.

Geschwächt sah DAG-Aufsichtsrat Frensel seine Position gestern insbesondere durch den Vulkan-Konzernbetriebsrats-Vositzenden Karl-Heinz Schönberger. Der hatte nämlich mitten in den zugespitzten Verhandlungen um die Zukunft von AE und STN einen Sozialplan unterschrieben, der den Abbau von 500 Arbeitsplätzen bei der Bremer Vulkan Werft- und Maschinenbau GmbH bis zum 30. September vorsieht. Frensel: „Da dabei auch die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen vorgesehen ist, hat die Geschäftsleitung uns das Papier genüßlich um die Ohren geschlagen, als es um unsere Forderung nach einer Arbeitsplatzgarantie bei AE und STN ging.“ Tatsächlich ist in diesem Jahr in vielen Unternehmen des Vulkan-Verbunds mit seinen insgesamt über 25.000 Beschäftigten ein Arbeitsplatzabbau vorgesehen. So sollen zum Beispiel auf der Bremerhavener Schichau-Seebeck-Werft 300 Arbeitsplätze verloren gehen.

Bei den gerade abgeschlossenen Betriebsratswahlen im Bremer Atlas-Elektronik-Werk hat die oppositionelle DAG der IG Metall zwei Sitze abjagen können und stellt jetzt 10 der 23 Betriebsräte. Bei STN gehören vier Betriebsräte zur DAG, aber nur drei zur IG-Metall, der Rest verteilt sich auf drei kleinere Listen. Dirk Asendorpf