SPD-Pläne stärken Konjunktur

■ Interview mit Dieter Teichmann, steuerpolitischer Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaft, zu den SPD-Steuerplänen

taz: Herr Teichmann, nach den Worten ihres Fachkollegen Rüdiger Pohl vom Haller Institut für Wirtschaftsforschung wirkt sich die von der SPD geforderte Ergänzungsabgabe „schädlich auf die Wirtschaft aus“. Ein solche Abgabe werde Investoren aus Deutschland treiben – eine seriöse Bewertung oder Panikmache?

Dieter Teichmann: Ob das Panikmache ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Ich glaube nicht, daß durch eine zehnprozentige Ergänzungsabgabe, die wegen der von der Regierung geplanten Steuererhöhung für die höheren Einkommensbezieher faktisch nur zu einer Mehrbelastung von 2,5 Prozentpunkten führte, der Leistungswille entscheidend geschwächt würde. Dies müßte bei dem von der Regierung beschlossenen 7,5-prozentigen Solidarbeitrag auch der Fall sein.

Sie fürchten nicht eine volkswirtschaftlich kontraproduktive Überstrapazierung der sogenannten Leistungsträger?

Man muß sehen, daß es eine dreistufige (1986/88/90) große Steuerreform gegeben hat. Von diesem Steuersenkungsprogramm haben insbesondere die mittleren und höheren Einkommensbezieher profitiert. Bei einem Ledigen mit einem Jahreseinkommen von 50.000 D-Mark hat sich dadurch der Grenzsteuersatz um 16 Prozentpunkte reduziert. Mit dem jetzt diskutierten Zuschlag würde dieser Einkommensgruppe nur ein kleiner Teil dessen, was ihr die vergangenen Steuersenkungen gegeben haben, wieder genommen. Im Vergleich zu den Regierungsplänen liefe der SPD-Vorschlag in dieser Einkommensgruppe auf eine monatliche Mehrbelastung von 27 Mark hinaus. Etwa 85 Prozent der Steuerpflichtigen müßten bei Umsetzung der SPD-Pläne überhaupt keinen Zuschlag zahlen.

Die Regierung will alle belasten, die SPD nur jene mit einem Bruttojahreseinkommen von über 60.000 beziehungsweise 120.000 Mark. Was wäre zur Förderung der Konjunktur angemessener?

Die SPD-Pläne würden die Konjunktur eher stärken, weil die konsumintensiven unteren Einkommen im Unterschied zum Regierungsvorschlag nicht belastet würden. Im oberen Einkommensbereich liegt die Sparquote dagegen höher.

Der frühere Münchener SPD- Oberbürgermeister Georg Kronawitter hat dafür plädiert, die immensen „leistungslosen Wertsteigerungen“ der Immobilienbesitzer stärker zu belasten. Wäre das ein gangbarer Weg, und wieviel käme da zusammen?

Mir erscheint eine stärkere Besteuerung solcher Vermögen angesichts des öffentlichen Finanzbedarfs angemessen und gerecht. Vor allem, wenn man berücksichtigt, daß die Einheitswerte, die ja als Basis der Besteuerung dienen, im Vergleich zum Marktwert viel zu niedrig angesetzt sind. Beispielsweise führte eine Verdopplung der Einheitswerte bei den Vermögen- und Grundsteuern zu Mehreinnahmen in zweistelliger Milliardenhöhe. Gespräch: W. Jakobs