piwik no script img

■ KommentarDer zweite Versuch

So lange ist das ja noch gar nicht her. Mitte Dezember war es, als Henning Voscherau per Bild-Zeitung einen Zuzugsstopp für Ausländer in „gefährdete Stadtteile, Beispiel Wilhelmsburg“ forderte. Der folgende Proteststurm, auch innerhalb der SPD, zwang den Bürgermeister schließlich zu einem etwas gequält wirkenden verbalen Rückzug.

Das wird Eugen Wagner nicht passieren. Zwar plant der Bausenator in seinem gestern veröffentlichen Papier nicht nur eine Zuzugssperre für Wilhelmsburg, sondern gleich für ganz Hamburg. Aber im Gegensatz zu seinem Senatschef geht er dabei geschickter vor.

Wagners Zuzugssperre kommt gut verpackt daher: Eingewickelt in eine Reihe durchaus sinnvoll erscheinender Veränderungen im sozialen Wohnungsbau. Freundlich verbrämt mit dem Hinweis auf den freien Wohnungsmarkt und die Möglichkeit, sich bei einem Wohnungsunternehmen auch ohne Dringlichkeitsschein um eine Sozialwohnung bewerben zu können. Und schließlich gilt sie ja nicht für Ausländer, sondern auch für den mit §-5-Schein ausgestatteten Ruhrpöttler und den Ostfriesen mit knappem Geldbeutel.

De facto aber wird - falls der Senat dem Wagner-Plan zustimmt - Voscheraus Wunsch zur Wirklichkeit. Der Verweis auf den freien Markt ist zum Beispiel für einen anerkannten Flüchtling angesichts des dort herrschenden Preisniveaus zynisch, die Suche nach einer Sozialwohnung ohne Dringlichkeitsschein für Nicht-Deutsche ohnehin nahezu aussichtslos.

Uli Exner

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen