Wenn alles ineinandergreift

■ Auf- und Abbauen: das Leben des Bühnenmeisters / Theater von hinten (6)

„Schön ist es, wenn alles ineinandergreift. Von links, rechts, oben und unten“, sagt Lothar Hornburg, Leiter des Bühnenbetriebes am Bremer Theater. Da werden Kulissen installiert, Schrägen oder Treppen gebaut, und Podien werden hoch- oder runtergefahren. Von allen Seiten her kann die 18 mal 25 Meter große Bühne verändert werden. Damit die 60 Bühnenhandwerker, alles Männer, und fünf weitere Bühneninspektoren wissen, was zu tun ist, gibt es den einen, der in letzter Instanz koordiniert.

Seit 1963 arbeitet Lothar Hornburg als staatlich anerkannter Bühnenmeister. Der gelernte Bau- und Möbeltischler kam zunächst als Bühnenhandwerker zum Theater. Bereits der Opa von Lothar Hornburg war im alten Haus am Wall Tischlermeister. Dessen Sohn trat in seine Fußstapfen: „und so hat mein Herr Papa mich quasi eingeführt ins Theater.“ Auch der Onkel war als Bühnenmeister tätig. Und was machen Lothar Horneburgs Frau und Sohn? Sie arbeiten am Theater. „Eine ganze Dynastie Hornburg hier.“

Bei den Proben regiert Lothar Hornburg seine Bühnenhandwerker direkt. „Nehmt ihr mal eben den Topf da ab, damit sie weiterproben können.“ Bei den Abendvorstellungen muß jedoch alles von selber laufen. Da ist ein detaillierter Plan nötig. Jeder kennt seine Aufgabe. Hier muß ein Turm verschoben werden, dort ein Tisch umgestellt, und das Podium muß hoch oder runter. Im Büro stehen Walkie-Talkies für die Bühnenarbeiter bereit. Denn auch wer auf der Unterbühne einer Sängerin aufs fahrbare Podium hilft, muß seinen Einsatz mitbekommen.

Auf Zeichnungen ist jede einzelne Bewegung mit Richtungspfeilen festgehalten: Podium 6 muß 1,50 Meter hoch, später wieder runter auf 60 Zentimeter. „Da hat sich der Regisseur bei den Proben langsam vorgearbeitet“, sagt Hornburg. „Na, noch ein Stück höher, nee, doch wieder runter, heißt es dann, und wir müssen das haargenau aufschreiben. Bis der endgültige Plan fertig ist, haben wir hier so einen Stapel“, sagt er und deutet etwa 50 Zentimeter vom Boden hoch an, „das schmeißen wir alles weg.“

Lothar Hornburg ist der erste, der vor den Bauproben eine Skizze in den Händen hält. „Manchmal kriege ich die Skizzen auch per Fax. Dann versuche ich das zu verstehen“, amüsiert er sich. Meistens kommt aber der Bühnenbildner selber vorbei.

Bei der Bauprobe wird dann von den Bühnenhandwerkern ein originalgroßes Modell erstellt. Daran ermißt Hornburg mit seinen KollegInnen von den anderen Werkstätten, was machbar ist, und was nicht. Ob etwas aus Sperrholz oder Stahl angefertigt wird, und ob für die nötige Standfestigkeit gesorgt ist. Außerdem muß schon bei der Bauprobe klar sein, wie die Kulissenwände oder Laufschrägen zerlegt werden sollen. Denn für Tourneen muß alles in den Container passen.

Lauter Probleme. Aber dem Bühnenmeister sind sie schon recht. „'Geht nicht' gibts nicht am Theater!“ Vivianne Agena