Organhandel am Urbankrankenhaus

■ Von 1986 bis 1992 mindestens 60 Hirnhäute verkauft

Auch am Urbankrankenhaus ist mit Organen gehandelt worden. Zwischen 1986 und 1992 sind mindestens 60 Hirnhäute und Hirnanhangdrüsen verkauft worden. Dies erklärte gestern der ärztliche Leiter der Klinik, Dieter Griebner, gegenüber der taz. Der Chef der pathologischen Abteilung, der die Organe entnommen hätte, werde noch eine genaue Aufstellung vorlegen.

Der Senatsverwaltung für Gesundheit sei noch vor kurzem mitgeteilt worden, es habe am Urbankrankenhaus keinen Organhandel gegeben, erklärte Gesundheitssenator Peter Luther (CDU). Erst in einem zweiten Schreiben vom 9. März sei eingeräumt worden, daß eine Entnahme von Hirnhäuten bis 1991 erfolgte. Gestern habe es dann geheißen bis 1992. Seit Ende Februar ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei städtische Kliniken, weil sie Organe an den Arzneimittelhersteller Braun/ Melsungen verkauft haben. Auch im Falle des Urbankrankenhauses war die hessische Firma Abnehmer der Gewebeteile, teilte Luther mit.

„Eine Genehmigung zur Obduktion lag in allen Fällen vor“, betonte Griebner. Daß sie mit ihrer Unterschrift im Aufnahmeformular einer Obduktion zustimmen, ist allerdings kaum einem Patienten bewußt. Die Zustimmung zur Obduktion bedeute auch keineswegs eine Zustimmung zur Organentnahme, stellte Helmut Becker von der Ärztekammer klar.

Zudem hat der Gesundheitssenator die Krankenhäuser seit 1988 in mehreren Rundschreiben darauf hingewiesen, daß ohne Einwilligung der Patienten keine Organe oder Gewebeteile entnommen werden dürfen. Gesundheitssenator Luther will jetzt ein Sektionsgesetz für das Land Berlin erarbeiten lassen, das die Widerspruchsmöglichkeiten für Patienten transparenter macht.

Griebner sagte, pro Hirnhaut seien zehn bis 30 Mark erzielt worden, nach bisherigen Erkenntnissen insgesamt 1.800 Mark. Nach Angaben des Chefs der Pathologie soll das Geld in die Klinik geflossen sein. „Er hat namentlich die Geräte genannt, die er dafür gekauft hat“, sagte Griebner.

In zwei bis drei Wochen soll sein Haus einen Prüfbericht vorlegen, den der Kreuzberger Gesundheitsstadtrat Gerhard Engelmann (CDU) angefordert hat. win