■ Daumenkino: 32 Variationen über Glenn Gould
Eine hätte völlig ausgereicht. Da hat einmal wieder jemand die Tatsache nicht ertragen, daß zu den „Goldberg-Variationen“ keine Geschichte gereicht wird, obwohl man den Eindruck hat, da werde etwas erzählt. Einmal mehr konnte Bach nicht gegen seine Liebhaber verteidigt werden, die nun an die Musik eine wohltemperierte Story vom Interpreten kleben wollen. Hier also ein Portrait des Künstlers als Genie, das aus der Kälte kam. Tatsächlich zeigt die erste Einstellung den Gould-Darsteller, wie er, zum Klang der „Goldberg-Variationen“, übers Eis auf uns zukommt. Von da ab bleibt einem nichts erspart: Weder das genialische Raufen des Haares während der Plattenaufnahme noch das freundliche Gespräch des Genies mit Pförtnern, Zimmermädchen und Gaderobieren. Und daß er manchmal mitten in der Nacht wo anrief. 19. Jahrhundert meets Andy Warhol, aber bei Karstadt. mn
„32 Variationen über Glenn Gould“. Regie: François Girard. Kanada, 1993.
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